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Versorgungssituation der atopischen Dermatitis in allgemeinmedizinischen Praxen in Deutschland – Ergebnisse der Studie „PsoADA-AD“
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Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
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Hintergrund: In epidemiologischen Studien wurde die Versorgungssituation von Patient*innen mit atopischer Dermatitis (AD) in dermatologischer Behandlung analysiert. Hierbei zeigten sich innerhalb von 10 Jahren keine Verbesserungen [1]. Über die Versorgung durch andere Arztgruppen ist wenig bekannt. Neben Dermatolog*innen engagieren sich hier insbesondere Allgemeinmediziner*innen.
Fragestellung: Wie ist die aktuelle Versorgungssituation von Erwachsenen mit Neurodermitis in allgemeinärztlicher Behandlung?
Methode: Die Querschnittserhebung wurde von 2019 bis 2021 deutschlandweit in allgemeinmedizinischen Praxen durchgeführt. Patient*innen, sowie deren behandelnde Allgemeinmediziner*innen füllten einen Fragebogen zum klinischem Status, subjektiven Belastungen, Komorbiditäten und die Behandlung aus.
Ergebnisse: Ausgewertet wurden Daten von n=150 Patient*innen aus n=18 allgemeinmedizinischen Praxen, von denen 38,6% in den letzten 12 Monaten mindestens einmal in dermatologischer (Zusatz-)Behandlung (d.Z.) gewesen waren. Das mittlere Alter lag bei 40 Jahren, 62,2% waren weiblich. Nach Arzteinschätzung lag bei 20,7% der Patient*innen mit d.Z. und 5,7% ohne d.Z. eine schwere AD vor. Depressive Erkrankungen (21,5%) zählten zu den häufigsten Begleiterkrankungen. 24,1% der Patient*innen mit d.Z. und 8,9% ohne d.Z. berichteten von häufiger Schlaflosigkeit aufgrund von Juckreiz. Starke Lebensqualitätseinschränkungen berichteten 31,0% der Patient*innen mit d.Z. und 3,4% ohne d.Z.. Nach ärztlicher Angabe erhielten die meisten Patient*innen aktuell eine topische Therapie, am häufigsten Glukortikosteroide (60,3% mit d.Z.. 50,6% ohne d.Z.). Calcineurininhibitoren erhielten 2,7%. Jemals eine Patientenschulung besucht zu haben, bestätigten 6,8% der Patient*innen. 25,5% der Befragten (31% mit d.Z. und 21,2% ohne) gaben an, unzufrieden mit ihrer AD-Behandlung zu sein.
Diskussion: Bei Teilung der vorliegenden Kohorte in Patient*innen mit rein allgemeinmedizinischer Versorgung und solche mit zusätzlicher hautärztlicher Versorgung erwies sich letztere als stärker betroffen und subjektiv belastet. Kritisch zu sehen ist die seltene Nutzung nicht-steroidhaltiger topischer Medikamente, insbesondere der geringe Einsatz von Calcineurininhibitoren, sowie die geringe Teilnahmequote an Schulungsmaßnahmen.
Praktische Implikationen: Die in der Ergebnisqualität noch schlechte hausärztliche Versorgung von Patient*innen mit AD findet ihr Pendant in der dermatologischen Versorgung und könnte Ausdruck des mangelnden Einsatzes innovativer Arzneimittel sein. Zudem fällt der geringe Anteil an Patient*innen mit Schulungsmaßnahmen auf. Angesichts des evidenzbasierten Nutzens dieser Maßnahmen besteht Verbesserungsbedarf.
Appell für die Praxis in einem Satz: Anzuraten ist eine Erweiterung der dermatologischen SK-Leitlinie um eine Handlungsempfehlung der Leitlinie für Allgemeinmediziner*innen.
Förderung: Sonstige Förderung
Literatur
- 1.
- Langenbruch A, Mohr N, Abeck F, Schmitt J, Ständer S, Werfel T, Thaçi D, Weidinger S, Augustin M. Qualität der dermatologischen Versorgung von Neurodermitis in Deutschland – keine Verbesserung der Indikatoren nach 10 Jahren. Hautarzt. 2021 Dec;72(12):1079-89. DOI: 10.1007/s00105-021-04885-3