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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Therapeutisch-rehabilitative Pflege, soziale Integration und kultureller Wandel in Altenpflegeheimen: eine qualitative Studie und Entwicklung eines Theory of Change-Modells

Meeting Abstract

  • Anke Desch - Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Brandenburg an der Havel, Deutschland
  • Bernd Förstner - Professur Sozial- und Präventivmedizin, Universität Potsdam, Potsdam, Deutschland
  • Jörg Artmann - AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse, Düsseldorf, Deutschland
  • Andreas Häusler - Professur Sozial- und Präventivmedizin, Universität Potsdam, Potsdam, Deutschland
  • Michael Hauptmann - Institut für Biometrie und Registerforschung, Medizinische Hochschule Brandenburg, Neuruppin, Deutschland
  • Sibel Altin - AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse, Düsseldorf, Deutschland
  • Michael Rapp - Professur Sozial- und Präventivmedizin, Universität Potsdam, Potsdam, Deutschland
  • Christine Holmberg - Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Brandenburg an der Havel, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf449

doi: 10.3205/22dkvf449, urn:nbn:de:0183-22dkvf4494

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Desch et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Der demografische Wandel führt zu wachsendem Pflegebedarf älterer Menschen und Herausforderungen für das deutsche Gesundheitssystem. Parallel dazu gefährdet der Fachkräftemangel die Qualität der stationären Altenpflege.

Fragestellung und Zielsetzung: In unserer Studie haben wir ein Altenpflegeheim mit innovativem Pflegekonzept als Best Practice (BP)-Modell der therapeutischen Pflege untersucht und dazu ein Theory of Change (ToC)-Modell entwickelt.

Methode oder Hypothese: In einer 6-monatigen qualitativen Studie wurden Mitarbeitende der Leitung, Pflege, Therapie und sozialen Betreuung mittels leitfadengestützter Interviews zum Konzept der therapeutischen Pflege und zur Arbeit in der BP-Einrichtung befragt. Zur Abgrenzung der Innovation wurden weitere Interviews mit Leitungen anderer Altenpflegeheime geführt. Ergänzt durch eine Literaturrecherche und Dokumentensichtung wurde aus den Interviewergebnissen mittels einer fragen-fokussierten Analyse ein ToC-Modell entwickelt. Die ToC-Methodologie ermöglicht es, den Kontext, Akteur*innen, Aktivitäten, kurz- bis langfristige Outcomes in komplexen Zusammenhängen sowie grundlegende Annahmen zur Wirkungsweise einer Innovation darzustellen.

Ergebnisse: Das Pflegekonzept der BP-Einrichtung zielt auf die Verbesserung der Alltagsfähigkeiten und des Wohlbefindens von Bewohner*innen sowie eine höhere Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden. Zentrale Elemente des umfassenden Ansatzes sind die Integration therapeutischer Elemente in alle Pflegetätigkeiten, die multidisziplinäre Zusammenarbeit im Team, ein breites Angebot an Therapien und sozialen Aktivitäten, die Fortsetzung der Therapie im Alltag, ein Fokus auf individuelle Biografien, Werte, Bedürfnisse und Fähigkeiten, die soziale Integration in die regionale Gemeinschaft und die narrative Schaffung eines bedeutsamen Lebensraums für Bewohner*innen und Mitarbeitende.

Diskussion: Das BP-Altenpflegeheim demonstriert, wie durch therapeutische Pflege und integrative soziale Aktivitäten eine bedeutsame Lebenswelt für ältere Menschen und Mitarbeitende geschaffen werden kann. Das ToC-Modell verdeutlicht die kontextuellen und kulturellen Faktoren, die für die Entwicklung von Interventionen in der stationären Altenpflege aufgegriffen werden sollten.

Praktische Implikationen: Forschung sollte stärker die psychosozialen Dynamiken und narrativen Konstruktionen im Pflegealltag fokussieren, um effektive Innovationen für die stationäre Altenpflege zu entwickeln. Therapeutische Pflege und die Schaffung einer bedeutsamen Lebenswelt für Bewohner*innen und Mitarbeitende können dabei helfen, den Herausforderungen für das Gesundheitssystem entgegenzuwirken. Die Nutzung theoretischer Modelle wie der ToC kann dabei helfen, erforderliche politische Rahmenbedingungen und Infrastrukturen zu entwickeln, um innovative Praktiken in anderen Kontexten zu implementieren.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Psychosoziale und kulturelle Aspekte von Interventionen sollten kontextualisiert berücksichtigt werden, um erfolgreich Innovationen in der Pflege umzusetzen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF21008