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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Notfallzuwesiungen aus Pflegeeinrichtungen – aus der Perspektive von Ärzten*innen und Pflegepersonal in Notfallaufnahmen

Meeting Abstract

  • Sarah Riecker - Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften – Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fakultät Gesundheitswesen, Wolfsburg, Deutschland
  • Tina Hantel - Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften – Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fakultät Gesundheitswesen, Wolfsburg, Deutschland
  • Mareen Guth - Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften – Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fakultät Gesundheitswesen, Wolfsburg, Deutschland
  • Mahmut Kaan Camlidere - Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften – Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fakultät Gesundheitswesen, Wolfsburg, Deutschland
  • Martina Hasseler - Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften – Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fakultät Gesundheitswesen, Wolfsburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf448

doi: 10.3205/22dkvf448, urn:nbn:de:0183-22dkvf4488

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Riecker et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Der stationäre Versorgungsbedarf Älterer in Deutschland wächst stetig. Primärer Grund ist eine auf die höhere Lebenserwartung zurückzuführende zunehmende Multimorbidität. Im Jahr 2018 wurde jede fünfte Person aus einer stationären Pflegeeinrichtung mindestens einmal pro Quartal in ein Krankenhaus aufgenommen. Häufig handelt es sich dabei nicht um einen medizinischen Notfall, weshalb die Notwendigkeit der Einweisung hinterfragt werden kann.

Fragestellung und Zielsetzung: Das Forschungsprojekt thematisiert Notfallzuweisungen aus stationären Pflegeeinrichtungen aus der Perspektive von Mitarbeitenden in Notfallaufnahmen. Ziel ist es, den aktuellen Forschungsstand abzubilden sowie empirische Daten zu erheben. Daraus ergibt sich die Forschungsfrage „Wie nehmen Ärzt*innen und Pflegefachpersonen in Notaufnahmen Notfallzuweisungen von Bewohnenden aus stationären Pflegeeinrichtungen wahr?“.

Methode oder Hypothese: Zur Beantwortung der Fragestellung wird ein Scoping Review auf Basis bestehender Literatur erstellt. Aufbauend darauf werden sieben leitfadengestützte Interviews in vier Notfallaufnahmen durchgeführt. Die Auswertung der Interviews erfolgt durch die strukturierte Inhaltsanalyse nach Mayring.

Ergebnisse: Die ausgewerteten Interviews machen deutlich, dass ein erheblicher Handlungsbedarf hinsichtlich der untersuchten Thematik besteht. Im Wesentlichen können drei Handlungsfelder identifiziert werden: zum einen eine unzureichende strukturelle haus- und fachärztliche Versorgung, die primär auf einen Mangel an Ärzt*innen zurückzuführen ist. Zum anderen wird eine unzureichende sektorenübergreifende Informationsweitergabe beschrieben, die sich aufgrund von fehlenden behandlungsrelevanten Angaben negativ auf die Arbeitsbelastung in den Notfallaufnahmen auswirkt. Als weiterer wesentlicher Faktor, der maßgeblichen Einfluss auf Notfallzuweisungen hat, werden unzureichende Kompetenzen und Befugnisse in den Pflegeeinrichtungen beschrieben.

Diskussion: Die Ergebnisse untermauern die Notwendigkeit, die Anzahl der Notfallzuweisungen aus Pflegeheimen zu reduzieren. Eine Ausweitung der ambulanten Versorgungsmöglichkeiten, eine verbesserte sektorenübergreifende Kommunikation sowie Versorgungsqualität in den Pflegeeinrichtungen ist notwendig, um die Notfallaufnahmen zu entlasten.

Praktische Implikationen: Wird in den nächsten Jahren keine Neuausrichtung im gesamten Versorgungsprozess von Bewohner*innen stationärer Pflegeeinrichtungen vollzogen, sind weitere Überlastungen in den Notfallaufnahmen die Folge, was zu einer weiteren Abnahme der Versorgungsqualität und auch steigenden Kosten führen wird.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Damit nicht allein das „alt sein“ in Deutschland ein Notfall ist, muss ein umfassendes integriertes Konzept für den gesamten Prozess der Versorgung von Pflegeheimbewohnenden entwickelt werden.