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Hilfsmittelversorgungsprozess von mobilitätsbezogenen Hilfsmitteln in Niedersachsen aus der Perspektive von an Multipler Sklerose Erkrankten und am Versorgungsprozess Beteiligten – eine qualitative Studie
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Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Im Leben erleidet etwa jede zweite Person mit Multipler Sklerose (MS) eine Gangstörung, die negative Auswirkungen auf die Lebensqualität der Erkrankten haben kann. Mobilitätshilfen wie Rollstühle oder Rollatoren können zur Verbesserung der Mobilität von an MS Erkrankten beitragen.
Menschen mit MS berichten allerdings, dass diese mobilitätsbezogenen Hilfsmittel (mobHM) häufig nicht ihren Bedürfnissen entsprechen. Darüber, wie der Hilfsmittelversorgungsprozess von an MS Erkrankten und am Versorgungsprozess Beteiligten in Niedersachsen wahrgenommen wird, ist bisher wenig bekannt.
Fragestellung und Zielsetzung: Die Studie, die Teil des Forschungsprojekts „Multiple Sklerose – Patientenorientierte Versorgung in Niedersachsen (MS-PoV)“ ist, hat zum Ziel, Erfahrungen, sowohl von Menschen mit MS als auch am Versorgungsprozess Beteiligten in Bezug auf den Hilfsmittelversorgungsprozesses in Niedersachsen zu beschreiben und versorgungsbezogene Empfehlungen abzuleiten.
Methode: Zwischen Mai und September 2021 wurden vier Fokusgruppen mit Menschen mit MS (n=19) und vier Fokusgruppen mit am Hilfsmittelversorgungsprozess Beteiligten (Physiotherapeut:innen, Ergotherapeut:innen Pflegekräfte, Neurolog:innen, Hausärzt:innen, und Sanitätshausmitarbeitende) (n=18) durchgeführt.
Die Schritte im sowie die Bedürfnisse an den Versorgungsprozess mit mobHM wurden diskutiert.
Die Diskussionen wurden auf Ton aufgenommen, wörtlich transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse (nach Kuckartz) analysiert.
Ergebnisse: Die Analysen zeigen individuelle Pfade, von der ersten Idee, ein mobHM zu beschaffen, bis zum Erhalt des Hilfsmittels, im Versorgungsprozess auf. Körperliche Symptome aber auch Hinweise durch die Akteure fungieren als Ideengeber.
Die Zufriedenheit der MS Erkrankten mit dem Prozess hängt davon ab, wie gut das mobHM auf die Bedürfnisse der Person zugeschnitten ist. Eine individuelle Anpassung des Hilfsmittels an die sozialen und wohnlichen Lebensumstände und an die körperliche Funktionsfähigkeit ist zentral. Die am Versorgungsprozess Beteiligten berichten von wenig standardisieren Vorgehensweisen. Insbesondere verbesserte Angebote hinsichtlich eines Nutzungstraining des Hilfsmittels im Alltag werden genannt.
Persönliches Durchhaltevermögen ist aus Sicht der an MS Erkrankten unabdingbar, zum Beispiel im Rahmen des Genehmigungsprozesses des mobHM.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen in nahezu allen Phasen des Versorgungsprozesses mit mobHM Faktoren, die die Zufriedenheit mit den Hilfsmitteln beeinflussen können.
Eine Beratung an unterschiedlichen Schnittstellen wie bei der Auswahl, der Nutzung und der Antragsstellung kann zu einer Verbesserung des Erhalts passender mobHM und der richtigen Verwendung durch Menschen mit MS beitragen.
Praktische Implikationen: Ein verbesserter Versorgungsprozess für mobHM kann zu einer höheren Zufriedenheit und Lebensqualität von Menschen mit MS führen.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Ein patientenorientierter Ansatz im Versorgungsprozess von mobHM kann zu einer effektiven und zufriedenstellenden Leistungserbringung führen.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19046