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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Die bundesweite Einführung eines strukturierten Ersteinschätzungsverfahrens bei akuten Beschwerden im Rahmen der 116117 – erste Ergebnisse für 2020 und 2021

Meeting Abstract

  • Beate Zoch-Lesniak - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Lars E. Kroll - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Thomas Czihal - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Dominik von Stillfried - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf429

doi: 10.3205/22dkvf429, urn:nbn:de:0183-22dkvf4294

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Zoch-Lesniak et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Mit dem Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes im Mai 2019 wurden die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) ab dem Jahr 2020 dazu verpflichtet, Versicherten mit akuten Beschwerden rund um die Uhr auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene zu vermitteln. Zu diesem Zweck wurde die „Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland“ (SmED) entwickelt, welche die Disponent*innen bei der Befragung und der Entscheidung über die Dringlichkeit und Ebene der Versorgung unterstützt.

Fragestellung und Zielsetzung: Durch den gesetzlich vorgeschriebenen deutschlandweiten Einsatz von SmED bei den KV-Servicestellen (116117) wurde erstmalig eine Datenbasis zu gesundheitlichen Beschwerden, mit denen sich gesetzlich Versicherte an die Rufnummer 116117 wenden, geschaffen. Ziel der Analyse war die Beschreibung der Entwicklung von SmED während der ersten Anwendungsjahre und die Überprüfung der internen und externen Validität der Daten.

Methode oder Hypothese: Die Analyse beruht auf SmED-Daten von allen 17 KVen in Deutschland für die Jahre 2020 und 2021. Beim Kongress können aktuelle Zahlen bis August 2022 vorgestellt werden. Die Daten wurden hinsichtlich der Entwicklung der Anzahl und Dauer, der Alters- und Geschlechtsverteilung sowie tageszeitlicher und saisonaler Anruf- und Beschwerdemuster deskriptiv analysiert.

Ergebnisse: In den Jahren 2020 und 2021 wurden mehr als zwei Millionen Assessments durchgeführt. Die monatlichen Assessmentzahlen stiegen von 62.292 im Januar 2020 kontinuierlich an auf 133.544 im Dezember 2021. Im Zeitraum Mai 2020 bis Dezember 2021 verkürzte sich die Assessmentdauer von 155,1 auf 143,8 Sekunden. Prozentual war das SmED-Aufkommen mit 24,7% an Samstagen am höchsten und hier zwischen 9 und 12 Uhr (26,6%). Häufigster Anrufanlass waren Rücken-/Kreuzschmerzen (8,0%), insgesamt wurden 101 verschiedene Beschwerden erfasst, pro Assessment im Durchschnitt 1,5. Die Beschwerden zeigten eine typische Saisonalität, Insektenstiche/-bisse nahmen im Sommer zu und akute respiratorische Erkrankungen (ARE) stiegen und fielen mit den Corona-Wellen.

Diskussion: Obwohl die SmED-Assessments nur einen Teil der 116117-Anrufe ausmachen, liefern sie epidemiologisch nachvollziehbare Ergebnisse. Der ARE-Indikator spiegelt das gemeldete Infektionsgeschehen gut wieder und zeigt so die externe Validität der Daten.

Praktische Implikationen: Die generierten Daten bieten die Chance, nahezu in Echtzeit Einblick in die ambulante Akut- und Notfallversorgung zu erhalten, da die Datenübermittlung im Gegensatz zur Übermittlung von Abrechnungsdaten täglich erfolgt. Aggregierte bundesweite Auswertungen werden unter https://smed.ziapp.de in einem Dashboard zur Verfügung gestellt. Die Daten können dazu dienen, Indikatoren für die Belastung des Gesundheitswesens zu identifizieren und somit eine bessere Planbarkeit von Ressourcen für die ambulante Akutversorgung zu ermöglichen. SmED wird fortlaufend evaluiert und weiterentwickelt.