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Sekundärdatennutzung mittels Coarsened Exact Matching zur Generierung einer Kontrollgruppe im Forschungskontext der familienintegrierenden Versorgung Frühgeborener
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Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
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Hintergrund: Aktuelle als auch zukünftige Herausforderungen im Gesundheitswesen erfordern interdisziplinäre und multiperspektivische Lösungsansätze der beteiligten Akteure [1]. Vielmehr als bisher wird es notwendig sein, Ergebnisse nicht nur aus Sicht einzelnen Disziplinen sondern in einem multiperspektivischen Methodenmix zu erheben und zu evaluieren [2]. Gleichzeitig muss versucht werden den Dokumentationsaufwand für die Datengewinnung bei bestehendem Fachkräftemangel so gering wie möglich zu halten. Ein Lösungsansatz stellt hierfür eine Sekundärdatenanalyse aus bereits bestehenden Datensätzen dar. Aus dieser Problemstellung heraus wurden in der vorliegenden Evaluation die Daten der externen Qualitätssicherung (EQS) genutzt.
Zielsetzung: Zu Prüfen war die Veränderung der Behandlungsqualität durch Einführung einer familienintegrierenden Behandlung (FIC) in der NICU. Dies implizierte einen Vergleich zwischen den Kohorten vor (2008–2012) und nach Implementierung des FIC Ansatzes (2014–2017) bei Ermangelung einer zeitgleich behandelten Kontrollgruppe. Dieser Problemstellung konnte via der EQS gemeldeten NICU Kinder als Vergleichsgruppe begegnet werden. Untersucht wurde die Verweildauer (VWD) und die Rate der Late onset Sepsis (LOS).
Methode: Das Matched Pairs-Verfahren erfolgte anhand einzeln festgelegter Variablen, indem jedes Merkmal für die Gruppen auf Übereinstimmung überprüft wird. Fehlt es im Datensatz an einem Datenzwilling, kam es zum Ausschluss [3]. Durch die vorliegende Anwendung des Coarsened Exact Matchings (CEM) wurde die Wahrscheinlichkeit passende Datenzwillinge zu finden erhöht [4]. Diese Erweiterung fasste die Ausprägungen der einzelnen Variablen zu Gruppen zusammen. Die Ausprägungen der Variablen waren somit nach Durchführung dieses Matchings in den Gruppen statistisch äquivalent verteilt, wodurch die VWD mittels Wilcoxon sowie die LOS-Rate über das relative Risiko getestet werden konnte.
Ergebnisse: Das Matching erfolgte anhand von vier Variablen, wodurch für 270 von 289 Kinder ein Datenzwilling gefunden werden konnte. Die LOS-Rate ging in der Klinik zwischen den Zeiträumen zurück, aber nicht in der EQS-Kontrolle. Das relative Risiko ist nach der Einführung der FIC für die EQS-Kontrolle 4,25 Mal höher (p<0,05). Dieser Effekt wurde 2008–2012 nicht beobachtet. Die VWD zeigt in der Gesamtbetrachtung keinen signifikanten Unterschied für 2014–2017.
Diskussion: Die Gegebenheiten des Versorgungsalltags erschweren aufwändige Datenerhebungen. Neue Versorgungsmodelle werden daher nicht selten anhand eines nicht-randomisierten Untersuchungsdesigns evaluiert. Die Kontrollgruppe ließe sich dabei oft retrospektiv aus Sekundärdaten generieren. Um Störvariablen adäquat begegnen zu können, sollte dabei ein Matching-Verfahren angewendet werden [5]. Durch die Bildung statistisch äquivalenter Gruppen ist es wie vorliegend möglich, dass tatsächliche Zusammenhänge zwischen der Intervention und den Outcome-Variablen erkannt werden.
Appell für die Praxis: Um die angespannte Personalsituation im Gesundheitswesen nicht zusätzlich durch Datenerhebungen zu belasten, bietet sich eine Sekundärdatenanalyse bestehender Datensätze in ausgewählten Fällen an.
Förderung: Sonstige Förderung; Modellvorhaben
Literatur
- 1.
- Wissenschaftsrat. Zum wissenschaftspolitischen Diskurs über große gesellschaftliche Herausforderungen: Positionspapier. 2015.
- 2.
- Simon D, Steffen E. Digitale Zukunft: ein inter‐und transdisziplinäres Thema. In: Handbuch Gestaltung digitaler und vernetzter Arbeitswelten. Springer; 2020. S. 189–200.
- 3.
- Stuart EA. Matching methods for causal inference: A review and a look forward. Statistical science: a review journal of the Institute of Mathematical Statistics. 2010;25(1):1–21.
- 4.
- Iacus SM, King G, Porro G. Causal Inference without Balance Checking: Coarsened Exact Matching. Political Analysis. 2012;20(1):1–24.
- 5.
- Mostardt S, Lux G, Dahl H, Matusiewicz D, Biermann J. Matching-Verfahren. Routinedaten im Gesundheitswesen. Handbuch Sekundärdatenanalyse: Grundlagen, Methoden und Perspektiven. Bern:Huber;2014. S. 402–410.