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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Nicht-adressierte Beschwerden vor einem Herzinfarkt: Ansatzpunkte für die Prävention aus dem Regionalen Herzinfarktregister für Sachsen-Anhalt RHESA

Meeting Abstract

  • Sara Lena Lückmann - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland
  • Janka Massag - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland
  • Mohamad Assaf - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland
  • Christoph Weber - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland
  • Saskia Hartwig - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland; Klinisches Krebsregister Sachsen-Anhalt, Halle, Deutschland
  • Rafael Mikolajczyk - Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf414

doi: 10.3205/22dkvf414, urn:nbn:de:0183-22dkvf4148

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Lückmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Sachsen-Anhalt ist eines der Bundesländer in Deutschland mit den höchsten Hospitalisationsraten und der höchsten Sterblichkeit von akuten Herzinfarkten (AMI). Prävention ist dabei ein wichtiger Ansatzpunkt zur Verringerung schwerer kardiovaskulärer Ereignisse und kardiovaskulärer Mortalität. Dazu gehört eine gute Diagnose und Behandlung bestehender kardiovaskulärer Erkrankungen, wie z.B. Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit oder Angina pectoris, die (unbehandelt) ein Risiko für einen AMI darstellen.

Fragestellung und Zielsetzung: In der vorliegenden Untersuchung wird die gesundheitliche Versorgung und Inanspruchnahme vor einem AMI in Sachsen-Anhalt beschrieben und Faktoren identifiziert, die sich unter AMI-Patient*innen mit vorbestehenden Beschwerden danach unterscheiden, ob eine Abklärung der Beschwerden intendiert wurde oder nicht.

Methode oder Hypothese: Das Regionale Herzinfarktregister für Sachsen-Anhalt „RHESA“ wurde 2013 etabliert. In regelmäßigen Abständen wurden die Teilnehmenden zusätzlich postalisch befragt. Die vorliegende Analyse basiert auf den Daten des Krankenhauserhebungsbogens sowie der 1. und 4. RHESA-Care (RC) Befragung. Daten von 530 Teilnehmenden mit einem ersten Herzinfarkt lagen vor.

Ergebnisse: Nach Ausschluss von Teilnehmenden mit fehlenden Daten wurden 506 Herzinfarkt-Patient*innen (Mittelwert 64,0 Jahre alt, 25,9% weiblich) in die Analysen eingeschlossen. Insgesamt gaben 244 (48,2%) an, vor ihrem AMI an Beschwerden gelitten zu haben, von denen 71 Teilnehmende (29,1%) eine Dauer von einigen Tagen, 61 (25,0%) von einigen Monaten und 59 (24,2%) von einigen Jahren angaben. Im Jahr vor dem Herzinfarkt hatten 86,6% mindestens einmal ihre hausärztliche Praxis besucht und 47,6% hatten jemals (wissentlich) den Gesundheits-Check-Up in Anspruch genommen. Es zeigt sich, dass von den 191 (37,7%) Teilnehmenden, die von mindestens einige Tage dauernden Beschwerden berichteten, nur die Hälfte (51,3%) angab, eine weitere medizinische Abklärung beabsichtigt zu haben. Diese Gruppe hatte im Vergleich zu der Gruppe mit intendierter Abklärung der Herzbeschwerden in den 7 Tagen vor dem AMI seltener Medikamente für das Herz eingenommen (53% vs. 73%).

Diskussion: Es zeigt sich ein großes Potential für die kardiologische Prävention, da knapp ein Fünftel der Teilnehmenden mit späterem Herzinfarkt bereits vor dem kardialen Ereignis Beschwerden wahrnahm, die sie selbst auf das Herz bezogen, aber nicht weiter medizinisch abklären ließen.

Praktische Implikationen: Die Studie kann helfen, ein Problem der Primärprävention zur Identifizierung von Patient*innen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko näher zu beleuchten, da viele Teilnehmende schon vor dem Herzinfarkt Beschwerden wahrnahmen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Gerade in der hausärztlichen Versorgung sollte das Bewusstsein gestärkt werden, dass kardial relevante Beschwerden der Patient*innen nicht immer aktiv angesprochen werden, sondern von den Ärzt*innen nachgefragt werden müssen.

Förderung: Sonstige Förderung; Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt