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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Nutzung und Anwendbarkeit von Patientenleitlinien in der Onkologie aus Sicht der Leistungserbringenden – eine qualitative Interviewstudie

Meeting Abstract

  • Sarah Wahlen - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Jessica Breuing - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Monika Becker - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Stefanie Bühn - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Julia Hauprich - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Nadja Könsgen - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Nora Meyer - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Susanne Bloedt - Institut für Medizinisches Wissensmanagement, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, c/o Phillips-Universität, Marburg, Deutschland
  • Ernst-Guenther Carl - Bundesverband Prostata Selbsthilfe, Bonn, Deutschland
  • Markus Follmann - Leitlinienprogramm Onkologie, c/o Deutsche Krebsgesellschaft e.V, Berlin, Deutschland
  • Stefanie Frenz - Frauenhilfe Krebs Bundesverband e.V., Bonn, Deutschland
  • Thomas Langer - Leitlinienprogramm Onkologie, c/o Deutsche Krebsgesellschaft e.V, Berlin, Deutschland
  • Monika Nothacker - Institut für Medizinisches Wissensmanagement, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, c/o Phillips-Universität, Marburg, Deutschland
  • Corinna Schaefer - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Berlin, Deutschland
  • Dawid Pieper - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland; Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg, Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg, Medizinische Hochschule Brandenburg, Rüdersdorf bei Berlin, Deutschland; Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg, Medizinische Hochschule Brandenburg, Rüdersdorf bei Berlin, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf402

doi: 10.3205/22dkvf402, urn:nbn:de:0183-22dkvf4020

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Wahlen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Menschen mit einer Krebserkrankung haben sowohl während als auch nach der Behandlung ein hohes Informationsbedürfnis, welches aber häufig nicht ausreichend erfüllt wird. Patientenleitlinien (PatLL), eine besondere Form der evidenzbasierten Patienteninformation, legen patientenrelevante Empfehlungen aus klinischen Leitlinien in allgemeinverständlicher Sprache dar. Bislang liegen jedoch kaum Kenntnisse zu Erfahrungen mit PatLL aus Sicht der Leistungserbringenden (LE) vor.

Fragestellung und Zielsetzung: Das Ziel der Studie ist es, die Nutzung und Anwendbarkeit von PatLL im Versorgungsalltag aus Sicht der LE zu untersuchen.

Methode oder Hypothese: Von September 2021 bis Januar 2022 wurden n=20 semistrukturierte Telefoninterviews mit LE aus dem Bereich der Onkologie durchgeführt. Die Interviews wurden aufgezeichnet und wörtlich transkribiert. Die Analyse erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse (nach Mayring) mit der Software MAXQDA.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 14 weibliche und 6 männliche LE an der Befragung teil, welche hauptsächlich als PsychotherapeutIn/PsychoonkologIn und ärztliches Personal tätig waren. Die durchschnittliche Interviewlänge betrug ca. 35 Minuten. Einem Großteil der Befragten (75%) waren die PatLL bekannt. Deren Inhalte wurden vorwiegend als verständlich empfunden. Das Vertrauen der Befragten in die PatLL war durch die wahrgenommene fehlende Aktualität eingeschränkt. Teilaspekte, v.a. der Komplementärmedizin und Möglichkeiten der Selbstfürsorge, wurden als fehlend deklariert. Als hinderliche Faktoren für die Verbreitung von PatLL wurde das Unwissen einiger LE über die Existenz der PatLL genannt. Zudem wiesen die LE auf alternative Patienteninformationen (z.B. blaue Ratgeber der Deutschen Krebshilfe) hin, welche unterschiedliche und ergänzende Inhalte zu PatLL boten und im Versorgungsalltag häufiger Verwendung fanden.

Diskussion: Ein eingeschränktes Wissen der LE über PatLL und breites Angebot an alternativen Patienteninformationen haben Einfluss auf eine verminderte Nutzung der PatLL im Versorgungsalltag, während die Anwendbarkeit aufgrund guter Verständlichkeit und unzureichender Aktualität bestimmter Inhalte variiert. Um die Verbreitung der PatLL zu fördern, sollte das Wissen über deren Existenz bei LE gesteigert und die Nutzung von PatLL im Versorgungsalltag gefördert werden. Eine Möglichkeit zur Steigerung der Nutzung ist eine regelmäßige und flächendeckende Erinnerung an Praxen und Kliniken die PatLL kostenlos zu bestellen. Zudem erscheint es sinnvoll, die Inhalte von PatLL in kürzeren Abständen zu aktualisieren, um das Vertrauen von LE und PatientInnen in die PatLL zu steigern.

Praktische Implikationen: Die Inhalte von PatLL sollten den aktuellsten Stand der Leitlinien abbilden, um die Anwendbarkeit von PatLL zu fördern. Eine regelhafte Erinnerung für Kliniken und Praxen zur Bestellung der PatLL scheint zur Steigerung der Nutzung geeignet.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die PatLL sollten regelhaft betroffenen PatientInnen angeboten werden, um deren Informationsbedürfnis nachzukommen und die partizipative Entscheidungsfindung zu fördern.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF20022