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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Eine intersektionale Perspektive auf die Inanspruchnahme des Gebärmutterhalskrebs-Screenings bei Frauen mit Migrationshintergrund – eine Querschnittsanalyse von Umfragedaten aus Österreich

Meeting Abstract

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  • Diana Wahidie - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Lehrstuhl für Versorgungsforschung, Witten, Deutschland
  • Yüce Yılmaz-Aslan - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Lehrstuhl für Versorgungsforschung, Witten, Deutschland; Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG3 Epidemiologie und International Public Health, Bielefeld, Deutschland; Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG6 Versorgungsforschung und Pflegewissenschaft, Bielefeld, Deutschland
  • Patrick Brzoska - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Lehrstuhl für Versorgungsforschung, Witten, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf401

doi: 10.3205/22dkvf401, urn:nbn:de:0183-22dkvf4010

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Wahidie et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: In den meisten europäischen Ländern nehmen Frauen mit Migrationshintergrund die Vorsorgeuntersuchungen für Gebärmutterhalskrebs seltener in Anspruch als Frauen ohne Migrationshintergrund. Studien haben zwar gezeigt, dass die Unterschiede teilweise durch soziale Determinanten erklärt werden können, berücksichtigen aber in der Regel nicht die Heterogenität dieser Bevölkerungsgruppe oder die Rolle intersektionaler Unterschiede.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Studie war es, die Unterschiede in der Inanspruchnahme von Gebärmutterhalskrebsvorsorgeuntersuchungen in den fünf größten Gruppen von Frauen mit Migrationshintergrund in Österreich zu untersuchen. Betrachtet wurden dabei Frauen, die in der Türkei, Rumänien, Ungarn, Deutschland oder einem Nachfolgestaat Jugoslawiens geboren wurden und/oder Staatsangehörige eines dieser Länder sind.

Methode oder Hypothese: Unter Anwendung eines intersektionalen Ansatzes und unter Verwendung von Daten der Österreichischen Gesundheitsbefragung (ATHIS) aus dem Jahr 2019 wurde eine multivariable Analyse durchgeführt. Intersektionale Unterschiede wurden mittels Interaktionstermen im Modell untersucht. Für die Analyse wurden 6228 Frauen im Alter von 20 bis 69 Jahren einbezogen.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere Frauen mit türkischem Migrationshintergrund die Gebärmutterhalskrebsvorsorge seltener als Frauen der Allgemeinbevölkerung nutzen (adjustiertes OR = 0,60; 95%-CI: 0,40-0,91), während keine signifikanten Unterschiede zwischen der Mehrheitsbevölkerung und anderen Gruppen mit Migrationshintergrund ersichtlich sind. Eine geringere Inanspruchnahme der Gebärmutterhalskrebsvorsorge ist dabei mit einer geringeren Bildung, dem Fehlen eines Partners im selben Haushalt, der Abwesenheit chronischer Krankheiten sowie einem höheren Alter verbunden. Intersektionale Unterschiede werden nur im Hinblick auf das Alter deutlich. Zwischen Frauen mit türkischem Migrationshintergrund und Frauen ohne Migrationshintergrund waren in den jüngeren Altersgruppen Unterschiede in der Inanspruchnahme der Gebärmutterhalskrebsvorsorge besonders ausgeprägt und nahmen mit dem Alter zunehmend ab.

Diskussion: Die beobachteten Disparitäten lassen sich durch unterschiedliche Hindernisse erklären, denen einige Gruppen von Frauen mit Migrationshintergrund im Gesundheitssystem begegnen. Die Ergebnisse machen auch die Heterogenität von Menschen mit Migrationshintergrund deutlich.

Praktische Implikationen: Die Heterogenität von Menschen mit Migrationshintergrund muss berücksichtigt werden, um eine informierte Entscheidungsfindung zu unterstützen und eine angemessene präventive Versorgung zu gewährleisten.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Um die Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund insgesamt zu verbessern, sollten diversitätssensible Angebote, welche der Heterogenität dieser Bevölkerungsgruppe und auch intersektionalen Unterschieden Rechnung tragen, bereitgestellt werden.