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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Evaluation einer neuen Versorgungsform zur sektorenübergreifenden Versorgung mittels Sekundärdatenanalyse und Versichertenbefragung

Meeting Abstract

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  • Annemarie Feißel - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg, Deutschland
  • Enno Swart - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg, Deutschland
  • Denise Kubat - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät, Magdeburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf398

doi: 10.3205/22dkvf398, urn:nbn:de:0183-22dkvf3985

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Feißel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Bedingt durch die strukturelle Trennung zwischen stationärer, rehabilitativer und ambulanter Versorgung in Deutschland erprobt die IKK gesund plus als neue Versorgungsform eine individuelle sektorenüberreifende Behandlung von Patient/innen mit schwerwiegenden kardiologischen und neurologischen Erkrankungen im Projekt Innovation, Versorgungspartner, Patient (IKK IVP; Förderkennzeichen: 01NVF17039).

Zielsetzung: Ziel des Projektes ist es, die Versorgungsqualität zu verbessern, Versorgungsdefizite zu beheben sowie die Zusammenarbeit der verschiedenen Versorgungsbereiche zu optimieren.

Methode und Hypothesen: Die Evaluation mittels Kontrollgruppendesign umfasst eine Sekundärdatenanalyse (Modul 1) sowie eine Versichertenbefragung (Modul 2) im Längsschnitt. Es werden folgende fünf Hypothesen überprüft:

1.
Durch IKK IVP reduziert sich die Dauer zwischen Entlassung aus der stationären Behandlung bzw. der Rehabilitation und dem Beginn der Heilmittelversorgung;
2.
Durch IKK IVP erhöht sich der Anteil der Patient/innen mit leitliniengerechter Medikation;
3.
Durch IKK IVP reduziert sich das Risiko für Re-Ereignisse und Versterben;
4.
Durch IKK IVP verringert sich das Risiko für Pflegebedürftigkeit bzw. Hilfebedarf;
5.
Durch IKK IVP erhöht sich die Lebensqualität der Patient/innen.

Ergebnisse: Bezüglich Hypothese 1 wird der Interventionseffekt nicht deutlich. Hinsichtlich der leitliniengerechten Medikation nach einem Herzinfarkt, einer Herzinsuffizienz und eines Schlaganfalls lässt sich kein Einfluss von IKK IVP vermuten. Allerdings kann auf eine positive Wirkung des Projektes auf die geringere Sterblichkeit innerhalb der Interventionsgruppe hingewiesen werden. Weiterhin zeigen die Ergebnisse keinen Einfluss auf die Pflegebedürftigkeit der Versicherten. Bezüglich des Hilfebedarfs und der Lebensqualität werden keine Interventionseffekte deutlich.

Diskussion: Bei der Bewertung der Evaluationsergebnisse müssen die Rahmenbedingungen beachtet werden. Eine volle Implementierung des Programms schon zu Beginn des Evaluationszeitraums war nicht gegeben. Die IKK gesund plus berichtet, dass die Intervention verzögert anlief und die angestrebte Anzahl an Vertragspartnern erst im Verlauf erreicht werden konnte. Für die gezielte Verbesserung der Versorgungsprozesse, die sich erst mitgewissem zeitlichen Verzug in den evaluierten Versorgungsergebnissen zeigen, war möglicherweise der Nachbeobachtungszeitraum zu kurz. Schwerwiegend scheinen die Auswirkungen durch die Coronapandemie, da die Programmteilnehmer/innen ab dem zweiten Halbjahr 2019 nicht im geplanten Ausmaß von der Intervention profitieren konnten.

Praktische Implikationen: Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch kein abschließendes Urteil über die Wirksamkeit des Programms IKK IVP getroffen werden. Der IKK gesund plus wird empfohlen, die regional aufgebaute Netzwerkstruktur zu erhalten und ggf. weiter auszubauen sowie das kasseninterne patient/innenbezogene Fallmanagement beizubehalten. Ggf. können die Einschlusskriterien geschärft und sich auf die vom Programm am stärksten angesprochenen mittelschweren Fälle konzentriert werden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF17039