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Verschreibung opioidhaltiger Analgetika bei nicht-tumorbedingten Schmerzen in Deutschland: Fehlversorgung durch hochdosierte Langzeittherapie?
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Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Um die Sicherheit der Langzeitanwendung mit opioidhaltigen Analgetika (OA) bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen (CNTS) in Deutschland zu erhöhen, wurde die S3-Leitlinie LONTS formuliert. Diese empfiehlt, eine OA-Dosis in Höhe von 120 mg/Tag orales Morphinäquivalent nur in Ausnahmefällen zu überschreiten. So wird eine Überschreitung dieser Dosierung sowohl mit einem Anstieg der Sterblichkeit als auch mit mehr Krankenhausaufenthalten mit substanzbezogenen Störungen in Verbindung gebracht [1].
Fragestellung und Zielsetzung: Die vorliegende Untersuchung ist Teil der Studie Op-US (Opioidhaltige Analgetika – Untersuchung zu Entwicklungstrends in der Versorgung bei nicht-tumorbedingten Schmerzen), welche sich der OA-Versorgung bei CNTS aus unterschiedlichen Perspektiven widmet. Bezüglich der Tageshöchstdosen sollen folgende Fragestellungen beantwortet werden:
- 1.
- Gibt es Hinweise auf Über-/Fehlversorgung durch Überschreiten der empfohlenen Tageshöchstdosis?
- 2.
- Unterscheiden sich die Gruppen mit und ohne Hinweis auf Überschreitung hinsichtlich der
a. vorliegenden Indikationen,
b. verschreibenden Facharztrichtungen,
c. Anzahl der verschreibenden Ärzte?
Methode oder Hypothese: Für die Untersuchung werden Routinedaten der DAK-Gesundheit von Q1/2018 bis Q1/2021 herangezogen. Eingeschlossen wurden alle Versicherten >17 Jahre, die in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen jeweils mindestens eine OA-Verschreibung aufwiesen. Alle Personen wurden nach Einschluss 9 Quartale nachbeobachtet. Als Ausschlussgründe wurden die Diagnose einer bösartigen Neubildung oder Hinweise auf palliative Versorgung definiert. Die Berechnung der Dosis jeder OA-Verschreibung erfolgt mittels Defined Daily Dose, welche in Milligramm umgerechnet wird. Für den Tagesdurchschnitt werden die berechneten Dosen durch die Anzahl der Tage bis zur nächsten OA-Abgabe dividiert. Liegt der Zeitraum zwischen zwei Abgaben bei >91 Tagen, wird die Einnahmedauer auf 91 Tage fixiert, um mögliche Therapieunterbrechungen zu berücksichtigen.
Ergebnisse: Die Stichprobe der Routinedaten umfasst 113.525 Personen mit einem Altersdurchschnitt von 71,8 Jahren (SD 14,4). Der Median der angenommenen Einnahmedauer pro Verschreibung beträgt 35 Tage. Weitergehende Analysen werden derzeit durchgeführt und umfassen eine Darstellung der Dosierung über den Beobachtungszeitraum, multivariate und Subgruppen-Analysen u.a. hinsichtlich Indikationen, Facharztgruppen und Anzahl der verschreibenden Ärzte.
Diskussion: Die Untersuchung der OA-Dosierung dient dazu Hinweise auf Über-/Fehlversorgung in der Langzeitanwendung von OA bei CNTS zu identifizieren, insbesondere von der Überschreitung der empfohlenen Höchstdosis betroffene Patientengruppen.
Praktische Implikationen: Auf Basis der Ergebnisse des Projektes sollen im Anschluss Versorgungsstrategien und gesundheitspolitische Reformansätze erarbeitet werden.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19059