Artikel
Inanspruchnahme medizinischer Versorgung bei ARDS-Überlebenden zwei und drei Jahre nach Verlegung von Intensivstation: Ergebnisse aus der multizentrischen Kohorten-Studie DACAPO
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Überlebende eines akuten Lungenversagens (acute respiratory distress syndrome [ARDS]) haben im ersten Jahr nach Verlegung von Intensivstation (ITS) einen erhöhten stationären und ambulanten Versorgungsbedarf. Es ist jedoch wenig bekannt zur langfristigen Inanspruchnahme von medizinischen Versorgungsleistungen durch ARDS-Überlebende.
Fragestellung und Zielsetzung: Wie entwickelt sich die ambulante und stationäre Inanspruchnahme medizinischer Versorgung von ARDS-Überlebenden während der ersten drei Jahre nach Verlegung von der ITS?
Methode oder Hypothese: Es wurden Daten einer deutschlandweiten prospektiven, multizentrischen Kohortenstudie mit ARDS-Überlebenden ausgewertet (DACAPO [1]). Die Teilnehmenden wurden 12 (N = 396; Alter M = 55; SD = 14,4; 66,7% männlich), 24 (N = 218) und 36 (N = 202) Monate nach Entlassung zu ambulanten Facharztbesuchen (12 Facharzt-Richtungen) sowie Krankenhausaufenthalten der letzten 12 Monate mittels Fragebogen befragt. Die Inanspruchnahme ambulanter und stationärer medizinischer Versorgung wurde mittels deskriptiver Statistik ausgewertet.
Ergebnisse: Im zeitlichen Verlauf bleibt die Inanspruchnahme der ambulanten ärztlichen Versorgung über die drei Messzeitpunkte hinweg relativ konstant, wohingegen sich der Anteil der Teilnehmenden mit mindestens einem stationären Aufenthalt im letzten Jahr von 90% (12 Monate, inklusive Anschluss-Reha) auf 37% (jeweils 24 und 36 Monate) reduziert. Unabhängig vom Verlauf ist die Inanspruchnahme medizinischer Versorgung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zu allen drei Zeitpunkten erhöht. Dies gilt sowohl für den ambulanten wie auch stationären Sektor. Beispielsweise haben zwischen 90% und 95% der Teilnehmenden im letzten Jahr einen Allgemeinmediziner aufgesucht (gegenüber 79% in der Allgemeinbevölkerung) und zwischen 11% und 14% einen Psychotherapeuten (gegenüber 4% in der Allgemeinbevölkerung). Für den stationären Sektor berichten 37% der Patientinnen und Patienten mindestens einen Krankenhausaufenthalt nach 24 bzw. 36 Monaten, verglichen mit 16% in der Allgemeinbevölkerung.
Diskussion: Die Ergebnisse deuten auf eine persistierend erhöhte Krankheitslast bei ARDS- Überlebenden hin, welche zu einer langfristig erhöhten Inanspruchnahme medizinischer Versorgung in dieser Population führt.
Praktische Implikationen: Bei ARDS-Überlebenden sollten nach der Verlegung von ITS gezielt Maßnahmen ergriffen werden, um langfristig gesundheitliche Einschränkungen bestmöglich abzumildern.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Mehr Forschung zur Abmilderung der langfristigen Belastungen durch akutes Lungenversagen ist notwendig, möglicherweise durch eine bessere Koordination von Behandlungsangeboten.
Förderung: Sonstige Förderung; Die Studie wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Förderkennzeichen: 01GY1340).
Literatur
- 1.
- Apfelbacher C, Brandstetter S, Blecha S, Dodoo-Schittko F, Brandl M, Karagiannidis C, Quintel M, Kluge S, Putensen C, Bercker S, Ellger B, Kirschning T, Arndt C, Meybohm P, Weber-Carstens S; DACAPO study group, Bein T. Influence of quality of intensive care on quality of life/return to work in survivors of the acute respiratory distress syndrome: prospective observational patient cohort study (DACAPO). BMC Public Health. 2020 Jun 5;20(1):861. DOI: 10.1186/s12889-020-08943-8