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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Wünsche und Hoffnungen, die Patient*innen mit der Versorgung im MZEB verbinden

Meeting Abstract

  • Cornelia Weiß - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Christine Thienel - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Jana Stucke - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Martina Fier - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Kristina Ottersbach - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland
  • Thorsten Meyer - Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Stiftungsprofessur Rehabilitationswissenschaften/Rehabilitative Versorgungsforschung, Bielefeld, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf324

doi: 10.3205/22dkvf324, urn:nbn:de:0183-22dkvf3248

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Weiß et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung verläuft trotz der 2009 in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention häufig nicht bedarfsgerecht. Seit 2015 besteht die Möglichkeit für Erwachsene, sich ambulant in Medizinischen Zentren für Erwachsene mit geistigen oder mehrfachen Behinderungen (MZEB) versorgen zu lassen (§119cAbs. 1, SGB V).

Fragestellung und Zielsetzung: Das Projekt untersucht die aktuelle ambulante medizinische Versorgung sowie Veränderungen dieser im Zuge der Einführung der MZEB aus Nutzer*innensicht. Ziel des Beitrages ist die Darstellung der Wünsche und Hoffnungen, die Patient*innen mit der Versorgung im MZEB verbinden.

Methode: Die Mixed-Method-Studie mit qualitativem Schwerpunkt besteht aus einer Interviewstudie und Beobachtungen in zwei MZEB, ergänzt durch eine Fragebogenerhebung, Gruppendiskussionen und Experteninterviews. Vorgestellt werden Ergebnisse aus den Interviews mit Patient*innen bzw. An- und Zugehörigen zum ersten Erhebungszeitpunkt, die die Versorgungssituation vor Aufnahme ins MZEB abbilden. Die leitfadengestützten Interviews wurden inhaltsanalytisch aufbereitet.

Ergebnisse: Die zentralen Wünsche der Patient*innen betreffen die konkrete Behandlungssituation. Sie wünschen sich Experimentierfreunde bei der Suche nach individuellen Lösungen, fachliche Expertise unter einem Dach. Die Wünsche der Zugehörigen beziehen sich auf Entlastung auf organisatorischer Ebene, wie geringere Wartezeiten und auf eine umfassende Diagnostik. Insgesamt geht es darum als Mensch ernstgenommen zu werden und um einen besseren Umgang mit Behinderung. Die Teilnehmenden wünschen sich ein Anrecht auf einen festen Anlaufpunkt, der dauerhafte Anbindung bieten kann. Die von den Teilnehmenden formulierten Wünsche können als Defizite gegenwärtiger Regelversorgung verstanden werden, die durch die MZEB aufgefangen werden sollen.

Diskussion: Die Ergebnisse verdeutlichen die bestehenden Barrieren in der ambulanten medizinischen Versorgung für Menschen mit Behinderung nachdrücklich und zeigen den Veränderungsbedarf hin zu einer bedarfsgerechten Versorgung. Die MZEB haben das Potenzial, auf viele der aufgeführten Wünsche und Hoffnungen der Befragten eingehen zu können, insbesondere hinsichtlich Rahmenbedingungen, umfassender Diagnostik und fachlicher Expertise. Die weiteren genannten Hoffnungen – als Mensch ernst genommen zu werden oder auch der zuverlässigen Zuständigkeit – sollten an die gesamte ambulante Versorgung adressiert werden.

Praktische Implikationen: Die ambulante medizinische Versorgung sollte sich auch an den Bedarfen von Menschen mit geistigen und schweren Mehrfachbeeinträchtigungen, dabei insbesondere an den grundlegenden Wünschen und Hoffnungen der Betroffenen ausrichten.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die Berücksichtigung individuellen Bedarfe und Bedürfnisse der Patient*innen mit geistigen und schweren Mehrfachbeeinträchtigungen ist eine Aufgabe für die gesamte Praxis der ambulanten medizinischen Versorgung, die nicht einfach an die MZEB abgegeben werden kann und sollte.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF18040