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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Der Einsatz von routinedatengestützten Prognosemodellen im Entlassmanagement – Ergebnisse der Routinedatenevaluation aus dem Projekt USER

Meeting Abstract

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  • Thorsten Pollmann - aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Ruth Lingnau - aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Gerald Willms - aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland
  • Björn Broge - aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf318

doi: 10.3205/22dkvf318, urn:nbn:de:0183-22dkvf3180

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Pollmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Trotz neuer gesetzlicher Grundlagen und verbesserter Strukturen im Entlassmanagement mussten im Jahr 2016 ca. 9,3% der Patientinnen und Patienten innerhalb von 30 Tagen nach Entlassung ungeplant wiederaufgenommen werden. Im Rahmen des Innovationsfondsprojekts USER zur „Umsetzung eines strukturierten Entlassmanagements mit Routinedaten“ (Fördernummer 01NVF18010) soll die Entlassplanung durch eine frühzeitige Identifikation von Patientinnen und Patienten mit erhöhten Nachsorgebedarfen verbessert werden. Dazu wurden Prognosemodelle auf der Basis von Krankenkassendaten entwickelt und als neue Versorgungsform im Setting Krankenhaus erprobt.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Projekt USER wird untersucht, ob durch die Implementierung der neuen Versorgungsform die Versorgungsqualität beim Übergang von der stationären in die poststationäre Versorgung verbessert werden kann. Das Evaluationsziel sieht eine Reduktion der Notfallwiederaufnahmen (primäres Outcome) um 20% vor.

Methode oder Hypothese: Die Evaluation der neuen Versorgungsform erfolgte im Rahmen einer Interventionsstudie an zehn Krankenhäusern in NRW von September 2020 bis Juli 2021. Eingeschlossen wurden alle Versicherten der KNAPPSCHAFT sowie von vier Betriebskrankenkassen, die innerhalb des Interventionszeitraumes stationär aufgenommen wurden und zur Projektteilnahme einwilligten. Zur Evaluation des primären Outcomes „Notfallwiederaufnahmen“ werden die Routinedaten (insbes. nach § 301 SGB V) der o. g. Krankenkassen verwendet. Die Analyse des Interventionseffektes zwischen Interventions- und Kontrollgruppe erfolgt mithilfe linearer (gemischter) Modelle unter Adjustierung von Confoundern und Cluster-Effekten auf Krankenhausebene.

Ergebnisse: Im Interventionszeitraum konnten insgesamt 13.046 Krankenhausenfälle in die Interventionsgruppe eingeschlossen werden. Die Ergebnisse der Routinedatenevaluation werden für das zweite Quartal 2022 erwartet.

Diskussion: Das Projekt konnte zeigen, dass die (zeitnahe) Nutzung von Krankenkassendaten in der stationären Versorgung technisch machbar ist. Aufgrund der eingeschränkten Aktualität der Krankenkassendaten sind Einbußen in der Vorhersagegenauigkeit der Prognosemodelle erwartbar. Weiterhin verstehen sich die Modelle als zusätzliches Werkzeug für das Entlassmanagement, dessen Anwendung in der Verantwortung der Krankenhäuser liegt. Daher bleibt das Erreichen der avisierten Reduktion der Notfallwiederaufnahmen abzuwarten.

Praktische Implikationen: Entscheidend für die Nutzbarkeit von Routinedaten im Krankenhaus ist eine prägnante und verständliche Darstellung der Informationen, um vom Endanwendenden als hilfreiches Werkzeug und nicht als informationelle Überfrachtung wahrgenommen zu werden.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Angesichts der unterschiedlichen technischen Voraussetzungen und der zahlreich eingesetzten Systeme lässt sich auch aus dem Projekt USER ableiten, wie wichtig der Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Verbesserung der Interoperabilität für eine moderne Gesundheitsversorgung sind.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF18010