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Entwicklung eines bedarfs- und bedürfnisorientierten interdisziplinären Versorgungsmodells für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit ME/CFS im Forschungsprojekt „MECFS Kids Bavaria“
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Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
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Hintergrund: Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland ca. 300.000 Personen von ME/CFS, also dem chronischen Fatigue Syndrom (CFS) oder auch Myalgische Enzephalomyelitis (ME) betroffen sind [1]. Darunter befinden sich ca. 40.000 Kinder und Jugendliche [2]. Da ätiologisch v.a. virale Trigger diskutiert werden, muss in den nächsten Jahren pandemiebedingt mit einer erheblichen Fallzahlerhöhung gerechnet werden. Betroffene leiden unter geistiger und/oder körperlicher Erschöpfung (Fatigue), Zustandsverschlechterung nach Belastung (post-exertionelle Malaise, kurz PEM), Schlafstörungen und Schmerzen [3]. Es fehlt an Strukturen, welche auch schwerer Betroffenen den Zugang zur Versorgung ermöglichen. Grundlage für die Implementierung adäquater Versorgungsstrukturen sind konkrete Daten zu den medizinischen und psychosozialen Bedürfnissen und Bedarfen der Betroffenen sowie ihrer versorgenden Angehörigen, welche allerdings bislang für ME/CFS fehlen.
Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen des Forschungsvorhabens sollen Bedürfnisse und Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ME/CFS sowie ihren Familien erhoben werden. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, wie die eruierten Bedürfnisse sowie Bedarfe priorisiert werden, und ob die Priorisierung mit Parametern wie Schweregrad, Komorbidität oder Lebensqualität in Zusammenhang steht.
Methode (qualitativ): ME/CFS-Betroffene diskutieren in fünf Fokusgruppen-Sitzungen zu verschiedenen Schwerpunkten. Es sollen dabei Bedarfe und Bedürfnisse zu den Themenbereichen Selbstversorgung, körperliche Aktivität bzw. Sport, kognitive Funktionalität, soziale Kontakte und Schule bzw. Beruf herausgearbeitet werden. Zu je zwei separaten Fokusgruppen-Sitzungen werden Eltern und Geschwister eingeladen. Sie diskutieren einmal die eigenen Bedürfnisse und einmal als Stellvertretung die Bedürfnisse der Betroffenen. Die beschriebene Abfolge wird mit vier verschiedenen Gruppen von April bis September 2022 durchgeführt, um eine adäquate Abbildung der Bedarfslagen zu gewährleisten.
Methode (quantitativ): Die gewonnenen Ergebnisse werden anschließend im Herbst 2022 in eine webbasierte Fragebogenerhebung gebettet. Sowohl Fokusgruppenteilnehmende, als auch weitere Patientengruppen und deren Familien können an der Umfrage teilnehmen. Da der Teilnehmerkreis somit vergrößert wird, kann sichergestellt werden, dass im Rahmen der Fokusgruppen keine wichtigen Bedürfnisse oder Bedarfe unerkannt blieben. Die Abfrage erfolgt zur Sicherung der Fokusgruppenergebnisse auch für Geschwister und Eltern. Zudem werden die Teilnehmenden um eine Priorisierung der Bedürfnisse und Bedarfe gebeten, sowie weitere Parameter zur Einschätzung der Lebensqualität, potenzieller Komorbiditäten und des Krankheitsschweregrades erhoben.
Diskussion und Ausblick: Der skizzierte Forschungsprozess erhebt die Bedürfnisse und Bedarfe Betroffener und deren Familien mit einem Mixed-Method Ansatz. Anschließend soll in 2023 basierend auf den Erkenntnissen ein Versorgungsmodell konzipiert werden, welches bedarfs- und bedürfnisorientiert die Behandlung Schwerstbetroffener sowie deren Familien durch ein aufsuchendes Setting sicherstellen kann.
Förderung: Sonstige Förderung; Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
Literatur
- 1.
- Scheibenbogen C, Wittke K, Hanitsch L. Chronisches Fatigue Syndrom. 2019.
- 2.
- Kraus V, Gerrer K, Behrends U. Das Chronische Fatigue Syndrom (CFS) bei Kindern und Jugendlichen. [Accessed April 6, 2021]. Verfügbar unter: https://www.dsai.de/informationen/medizinische-fachartikel/
- 3.
- Jason LA, Jordan K, Miike T, Bell DS, Lapp C, Torres-Harding S, Rowe K, Gurwitt A, De Meirleir K, Van Hoof ELS. A pediatric case definition for myalgic encephalomyelitis and chronic fatigue syndrome. Journal of chronic fatigue syndrome. 2006;13(2-3):1–44.