gms | German Medical Science

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Strategien der Selbstmedikation im Kontext von Long COVID: KI-gestützte Analyse krankheitsspezifischer Social Media Posts

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Jonathan Koß - Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • Sabine Bohnet-Joschko - Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf219

doi: 10.3205/22dkvf219, urn:nbn:de:0183-22dkvf2196

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Koß et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Drug Repurposing könnte eine vielversprechende Strategie zur Entwicklung von Long COVID Medikamenten darstellen. Gleichzeitig etabliert sich in der medizinischen Forschung die Erkenntnis, dass die kollektive Intelligenz von Patienten ein Treiber von Innovation für neue Behandlungsansätze und Arzneimittel sein kann [1]. Eine Möglichkeit zur Erschließung dieses kollektiven Wissens ist die Auswertung von Daten aus krankheitsspezifischen Social Media Plattformen. Ziel dieser Forschungsansätze ist die Identifizierung von Off-Label Verwendungen bestimmter Medikamente.

Fragestellung und Zielsetzung: Welche Medikamente werden von Long COVID Patienten in Online Communities diskutiert und als besonders wichtig empfunden? Die Ergebnisse könnten derzeitige Selbstbehandlungsstrategien von Patienten charakterisieren und andererseits dabei unterstützen, Hypothesen des Drug Repurposing zu formulieren.

Methode oder Hypothese: Mittels Techniken des Natural-Language-Processing wurden chemische Substanzen, exemplarisch Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, aus rund 70.000 Long COVID spezifischen Reddit Posts extrahiert. Mittels einer semantischen Netzwerkanalyse wurden Cluster dieser chemischen Entitäten gebildet und anschließend durch statistische Verfahren der Netzwerkanalyse ausgewertet.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass Long COVID Patienten überwiegend Substanzen diskutieren, die den Gruppen der Antihistaminika, Betablocker, Steroide, Antidepressiva sowie den Nahrungsergänzungsmitteln zuzuordnen sind.

Diskussion: Patienten nutzen derzeit unterschiedlichste Medikamente im Rahmen der Selbstmedikation von Long COVID. Die skizzierten medikamentösen Behandlungsstrategien entsprechen teilweise aktuellen Erkenntnissen aus anderen Studien. Exemplarisch gibt es erste Studien, die Antihistaminika zur Behandlung von Long COVID vorschlagen.

Praktische Implikationen: Krankheitsspezifische Social Media Daten könnten, insbesondere in dynamischen und plötzlich auftretenden pandemischen Situationen, als Ausgangspunkt für die Bildung von Hypothesen im Kontext des Drug Repurposing genutzt werden. Die Daten unterliegen einigen Limitationen, sind jedoch zeitnah und in einem großen Umfang verfügbar und bilden den Versorgungsalltag der Patienten ab.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Patienten scheinen bestimmte Medikamente als besonders wichtig zu erachten. Diese impliziten Hypothesen sollten durch Wissenschaftler:innen auf ihre Plausibilität hin überprüft und gegebenenfalls hinsichtlich ihrer Wirksamkeit weiter erforscht werden.

Förderung: Sonstige Förderung; ITG-1-1


References

1.
Tucker JD, Day S, Tang W, Bayus B. Crowdsourcing in medical research: concepts and applications. PeerJ. 2019 Apr 12;7:e6762. DOI: 10.7717/peerj.6762 Externer Link