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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

„Ich weiß genau, dass man da unterschreiben muss, aber den Inhalt habe ich mir nicht gemerkt“ – eine Multimethodenstudie zur Überwindung der Informationsflut im Rahmen klinischer Studien mit Krebspatient:innen

Meeting Abstract

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  • Christine Bernardi - Universität Regensburg, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Mezinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Anne Herrmann-Johns - Universität Regensburg, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Mezinische Soziologie, Regensburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf212

doi: 10.3205/22dkvf212, urn:nbn:de:0183-22dkvf2127

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Bernardi et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Viele Krebspatient:innen fühlen sich überfordert, wenn sie über ihre Diagnose, Behandlungsmöglichkeiten und klinischen Studien aufgeklärt werden. Studieninformationen sind oft lang und in schwer verständlicher Sprache verfasst. Viele Patient:innen lesen Einverständniserklärungen für klinische Studien kaum oder gar nicht und unterschreiben sie, ohne ihren Inhalt verstanden zu haben, was als „uninformierte Einwilligung“ bezeichnet wird. Einige Untersuchungen haben sich mit der Frage beschäftigt, wie Einwilligungsprozesse umgestaltet werden können, um Studienaufklärungen zu verbessern. Bislang hatten diese Bemühungen leider nur begrenzten Erfolg. Vor allem im deutschsprachigen Raum fehlen evidenzbasierte und nachhaltige Lösungsansätze.

Fragestellung und Zielsetzung: Dieses Projekt untersucht die Erfahrungen und Sichtweisen von Krebskranken, ihren Angehörigen und Expert:innen im Hinblick auf Studienaufklärungen. Darüber hinaus sollen mithilfe eines Expertenteams evidenzbasierte Strategien zur Verbesserung von Aufklärungsprozessen in klinischen Krebsstudien entwickelt und in der Praxis pilotiert werden.

Methode: Mittels einer qualitativen Interviewstudie wurde untersucht, inwieweit Krebskranke und ihre Angehörigen Einverständniserklärungen verstehen und in Erinnerung behalten. Expert:inneninterviews ergänzten die Ergebnisse durch die Sichtweisen von Verteter:innen verschiedener Fachdisziplinen. Basierend auf den so gewonnenen Erkenntnissen, werden Kommunikationsstrategien entwickelt, die das Verständnis von Studieninformationen und Einwilligungserklärungen erhöhen können, ohne dabei die Rechtwirksamkeit der Unterlagen infrage zu stellen. Die entwickelten Strategien werden mittels einer randomisierten Pilotstudie mit 50 Patient:innen- Angehörigen-Paaren getestet, um ihre Akzeptanz, Machbarkeit und Effektivität zu untersuchen.

Diskussion: Im Rahmen der Interviewstudie gaben viele der Patient:innen an, sich über die jeweilige klinische Studie gut informiert zu fühlen, berichteten aber gleichzeitig, die Einverständniserklärung nur überflogen oder gar nicht durchgelesen zu haben. Viele verstanden zentrale Aspekte wie Randomisierung oder Risiken der Studienteilnahme nicht. Die Expert:innen verwiesen auf die Individualität der Patient:innen und den Bedarf an individuell zugeschnittenen Informationen. Lösungsansätze wie Ärzte- und Patient:innen-schulungen oder der Einsatz neuer Medien wurden diskutiert. Die Pilotierung der im Rahmen dieses Projekts entwickelten Strategien wird zeigen, ob die Interventionen Aufklärungsprozesse verbessern und in die Routineversorgung eingebettet werden können.

Praktische Implikationen: Dieses Projekt liefert methodisch solide, interdisziplinäre Forschung, welche Krebspatient:innen, ihren Angehörigen und Ärzt:innen hilft, die Informationsflut zu überwinden und gemeinsam informierte Entscheidungen bezüglich einer Teilnahme an klinischen Studien zu treffen.

Förderung: Sonstige Förderung