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Pädiatrie und Frühe Hilfen: Studienprotokoll der Evaluation einer komplexen Intervention zur sektorenübergreifenden Versorgung psychosozial belasteter Familien (PATH)
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Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
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Hintergrund: Die Frühen Hilfen sind ein deutschlandweit flächendeckend implementiertes präventives Unterstützungsangebot für Schwangere und Familien mit Kindern von 0–3 Jahren. Sie richten sich besonders an Familien in belastenden Lebenslagen mit dem Ziel durch Stärkung der elterlichen Ressourcen ein gesundes Aufwachsen der Kinder zu ermöglichen. Allerdings vermitteln Kinderärzt*innen nur etwa jede sechste der von ihnen betreuten belasteten Familien in diese Angebote [1]. Um die Weitervermittlung zu fördern, wurde 2011 die PATH-Intervention entwickelt und in Baden-Württemberg implementiert. Sie umfasst eine Schulung für Kinderärzt*innen und interdisziplinäre Qualitätszirkel zur Förderung der Vernetzung zwischen Pädiatrie und Kinder- und Jugendhilfe.
Zielsetzung: Ziel der Studie ist die Evaluation der PATH-Intervention hinsichtlich des primären Endpunkts Inanspruchnahme Früher Hilfen durch psychosozial belastete Familien und der sekundären Endpunkte Identifikation psychosozial belasteter Familien durch Kinderärzt*innen im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen (U-Untersuchungen), ihrer Information zu Frühen Hilfen und Motivierung zu deren Inanspruchnahme. Zudem wird die Akzeptanz der PATH-Intervention bei Familien, Kinderärzt*innen und Netzwerkpartner*innen der Frühen Hilfen und das Kosten-Effektivitäts-Verhältnis evaluiert.
Methode: Die prospektive, quasiexperimentelle Studie mit kontrolliertem, längsschnittlichem mixed-methods Design vergleicht Familien von N=20 Kinderärzt*innen aus Baden-Württemberg, die an der PATH-Intervention teilnehmen (Interventionsgruppe, IG), mit Familien von N=20 Kinderärzt*innen einer Kontrollgruppe aus Bayern (ohne Teilnahme an der PATH-Intervention). Initial werden N=400 Familien rekrutiert, die zu 3 Messzeitpunkten (1 Woche, 6 Wochen, 6 Monate nach einer U-Untersuchung; U3-U7a) online zu den primären und sekundären Endpunkten befragt werden. Nach der U-Untersuchung schätzt die*der Kinderärzt*in die psychosoziale Belastung der Familie mittels Fragebogen ein. Teilstrukturierte Telefoninterviews (insgesamt N=40) mit belasteten Familien, Kinderärzt*innen und Netzwerkpartner*innen dienen der Untersuchung der Akzeptanz der PATH-Intervention. Die Treatmentintegrität wird anhand von je zwei video-gestützten Beobachtungen bei N=7 Kinderärzt*innen der IG beurteilt. Das Kosten-Effektivitäts-Verhältnis wird auf Basis von Daten der KV Baden-Württemberg und AOK Baden-Württemberg bestimmt.
Praktische Implikationen: Die Studienergebnisse liefern eine Grundlage, um zu beurteilen, inwiefern die PATH-Intervention in der pädiatrischen Routineversorgung flächendeckend implementiert werden sollte.
Appell für die Praxis in einem Satz: Eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgungssituation von Familien mit psychosozialer Belastung ist von hoher Relevanz, um potenziell gefährdende Einflüsse auf die gesunde Entwicklung von Kindern frühzeitig abmildern zu können.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19039