gms | German Medical Science

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Barrieren bei der Etablierung von Medizinischen Zentren für Erwachsene mit Behinderungen (MZEB): Ergebnisse einer qualitativen, längsschnittlichen bundesweiten Studie zum ersten Messzeitpunkt (Beta)

Meeting Abstract

  • Saskia Gollasch - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland
  • Anja Rotthowe - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland
  • Lorena Denise Wetzel - Hochschule Fulda (University of Applied Sciences) - Fachberereich Gesundheitswissenschaften, Fulda, Deutschland
  • Natalie Steeb - Hochschule Fulda (University of Applied Sciences) - Fachberereich Gesundheitswissenschaften, Fulda, Deutschland
  • Katharina Rathmann - Hochschule Fulda (University of Applied Sciences) - Fachberereich Gesundheitswissenschaften, Fulda, Deutschland; Public Health Zentrum Fulda, Deutschland
  • Ute Karbach - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät, & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf111

doi: 10.3205/22dkvf111, urn:nbn:de:0183-22dkvf1111

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Gollasch et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Seit Jahren bestehen zahlreiche Barrieren bei der medizinischen Versorgung von Menschen mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung (MgsmB), eine Versorgungslücke für diese Zielgruppe wird seit Langem beklagt. Im Kindes- und Jugendalter ist es bereits seit 1986 möglich, eine zielgruppenspezifische Versorgung für Heranwachsende mit Behinderungen in Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) in Anspruch zu nehmen. Eine flächendeckende Anschlussversorgung für das Erwachsenenalter fehlt jedoch bislang. Im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (§ 119c SGB V) zur Verbesserung der medizinischen Versorgungssituation von Erwachsenen mit MgsmB im ambulanten Bereich, wurde die Möglichkeit geschaffen, sogenannte Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB) zur zielgruppenspezifischen Versorgung zu ermächtigen. Trotzdem ist eine adäquate Anschlussversorgung im Erwachsenenalter bislang nicht in jedem Bundesland vorhanden.

Fragestellung und Zielsetzung: Die Teilstudie geht der Frage nach, wie sich der MZEB-Etablierungsprozess aus Sicht von MZEB-Leitungspersonen und Stakeholdern gestaltet. Zielsetzung des Beitrages ist es, Barrieren im Etablierungsprozess aus den unterschiedlichen Perspektiven zu identifizieren.

Methode oder Hypothese: Zum ersten von zwei bzw. drei Messzeitpunkten wurden N=12 qualitative, leitfadengestützte Expert*inneninterviews mit Leitungspersonen medizinischer, therapeutischer und pädagogischer Fachprofessionen aus (je n=4) in Planung befindlichen, jüngst und langjährig etablierten MZEB sowie N=25 leitfadengestützte Interviews mit Stakeholdern (u. a. GKV, KV, Fachverbände der Behindertenhilfe) geführt und inhaltsanalytisch nach Kuckartz (2016) ausgewertet.

Ergebnisse: Die Auswertung umfasst sowohl induktiv (z.B. die Rolle von MZEB) als auch deduktiv gebildete Kategorien (u.a. der Ermächtigungsprozess und Verhandlungen mit Kostenträgern). Hinsichtlich der Verhandlungen während des Etablierungsprozesses berichten Leitungspersonen von den eigenen Kompetenzen überschreitenden Herausforderungen, dem Wunsch nach weiterer, externer Unterstützung, fehlender Prozesstransparenz sowie nicht eindeutiger gesetzlicher Vorgaben.

Diskussion: Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Sichtweisen von MZEB-Leitungspersonen bezüglich des Vorhandenseins von Barrieren im Etablierungsprozess von denen der Stakeholder v. a. hinsichtlich der Prozesstransparenz unterscheiden.

Praktische Implikationen: Um MZEB-Etablierungsprozesse für die beteiligten Akteure effizienter zu gestalten, bedarf es einer Prozesstransparenz sowie das Vorhandensein nicht-ärztlicher Fachkompetenzen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Zur medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderung liegen in Deutschland bislang keine Routinedaten vor.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; FZ: 01VSF19010