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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Entwicklung und Evaluation eines evidenzbasierten Gesundheitsinformationsangebotes zu Benzodiazepinen und Z-Substanzen unter Partizipation von Betroffenen und Expert:innen

Meeting Abstract

  • Johanna Heeg - Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Jörg Dirmaier - Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Uwe Verthein - Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Christina Lindemann - Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland; Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Martin Härter - Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf099

doi: 10.3205/22dkvf099, urn:nbn:de:0183-22dkvf0994

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Heeg et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mit circa 1,1–1,4 Millionen Personen in Deutschland, die Benzodiazepine (BZD) und Z-Substanzen (ZS) in problematischer oder abhängiger Weise einnehmen, ist es notwendig, diese Gruppe in der medizinischen Versorgung sorgfältig zu beachten. Es ist jedoch bekannt, dass Betroffene in nicht ausreichender Weise die Beratung bzw. Behandlung erfahren, die sie benötigen. Ein möglicher Lösungsansatz ist die präventive Aufklärung Betroffener mithilfe evidenzbasierter Gesundheitsinformationen (GI).

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der EDER-MIA-Studie ist die Entwicklung und Evaluation einer zielgruppenspezifischen und evidenzbasierten GI über BZD und ZS unter Beteiligung Betroffener und Expert:innen.

Methode: Mithilfe von drei unterschiedlichen Fokusgruppen (18–40-jährige mit Schlafstörungen; Frauen, 40–60 Jahre, mit Einnahme von ZS oder BZD; > 60-jährige mit regelmäßigem Konsum) wurden die Informationsbedürfnisse Betroffener erfasst. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde mit Expert:innen eine zielgruppenspezifische GI entwickelt. Diese wurde auf der öffentlich zugänglichen Informationsseite https://www.psychenet.de/de/ implementiert und mittels der „Usefulness Scale of Patient Information“ (USE) evaluiert: Auf 3 Subskalen wurde mit einer 10-stufigen Skala von „1=stimme überhaupt nicht zu“ bis „10=stimme voll und ganz zu“ eine Einschätzung abgegeben. Durch Bildung eines Summenscores (Range: 0–90) lässt sich eine Gesamteinschätzung berechnen. Hohe Werte weisen auf eine hoch eingeschätzte Nützlichkeit hin.

Ergebnisse: Die Fokusgruppenbefragung ergab, dass Betroffene sich Informationen über Schlafprobleme und die Behandlungsmöglichkeiten, die Risiken der Einnahme von BZD und ZS sowie eine gute Orientierung bzgl. Hilfsangeboten wünschen. Die Ergebnisse der Evaluationsstudie zeigen, dass Betroffene (N=192, 68,2% weiblich) und Angehörige (N=70; 65,7% weiblich) die Nützlichkeit der entwickelten GI mit einem Mittelwert von 54,3 (SD=15,4) und MW=59,4 (SD=14) im mittleren Bereich einstuften. Noch höheren Nutzen sahen die befragten Expert:innen (N=58, 69% weiblich) mit MW=64,7 (SD= 17,2) für die GI.

Diskussion: Die Entwicklung zielgruppenspezifischer Gesundheitsinformationen unter Partizipation von Betroffenen und Expert:innen ist auch für Themen, die mit möglichem Erleben von Scham und Stigma besetzt sind, geeignet. Neben der Aufklärung über die Risiken der Einnahme ist auch die Früherkennung von problematischem BZD- und ZS-Gebrauch wichtig. Daher ist geplant, in einem nächsten Schritt die GI mit einem geeigneten Screeningtest zu kombinieren.

Praktische Implikationen: Die entwickelte GI kann dazu beitragen, Betroffene und Angehörige über die Einnahme von BZD und ZS besser zu informieren. Dieses Informationsangebot soll zur Prävention des problematischen Gebrauchs von BZD und ZS in der deutschen Bevölkerung beitragen.

Appell für die Praxis: Die Aufklärung Betroffener über die Einnahme von BZD und ZS ist ein wichtiger Präventionsbeitrag, Gesundheitsinformationen können bei der Aufklärung unterstützen und die Gesundheitskompetenz Betroffener erhöhen.

Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc); ZMVI1-2519DSM200