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21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Pflegestützpunkte: Wie bekannt sind sie in der Bevölkerung Deutschlands und wer nutzt sie?

Meeting Abstract

  • Raphael Kohl - Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Judith Stumm - Institut für Allgemeinmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Susanne Döpfmer - Institut für Allgemeinmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Fabian Engelmann - Dezernat Sicherstellung und Versorgungsstruktur, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Abteilung Versorgungsstruktur, Berlin, Deutschland
  • Susanne Schnitzer - Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf098

doi: 10.3205/22dkvf098, urn:nbn:de:0183-22dkvf0982

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Kohl et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Seit 2008 ist gesetzlich verankert, dass Pflegestützpunkte (PSP) eine adäquate Pflege Bedürftiger in der eigenen Häuslichkeit sicherstellen sollen, indem sie Pflegebedürftige und deren Angehörige beraten und die Pflegeleistungen organisieren. Es gibt jedoch nur wenig Evidenz dazu wie bekannt PSP in der Bevölkerung sind und wer die Angebote in Anspruch nimmt.

Fragestellung und Zielsetzung: Die Studie untersucht die Bekanntheit und Inanspruchnahme von PSP in der Bevölkerung. Ziel ist es, erstmalig für Deutschland Personengruppen mit Informationsdefiziten und beeinträchtigten Zugangsbedingungen zu identifizieren um eine zielgruppenorientierte Ansprache zu ermöglichen. Hierfür wird zwischen gesundheitsassoziierten und soziodemographischen Merkmalen unterschieden.

Methode oder Hypothese: Die Ergebnisse basieren auf der KBV-Versichertenbefragung im Jahr 2021 (N=6193) und sind repräsentativ für die erwachsene deutschsprachige Wohnbevölkerung. Die statistischen Analysen erfolgten anhand multipler logistischer Regressionen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden gefragt, ob sie schon einmal von PSP gehört haben und ob sie schon einmal das Angebot von PSP in Anspruch genommen haben.

Ergebnisse: Etwa 42% der Befragten waren Pflegestützpunkte bekannt und 11,4% der Befragten haben schon einmal ein Angebot eines Pflegestützpunktes in Anspruch genommen.

Befragte über 65 Jahre, chronischen Kranke und Befragte mit vielen Hausarztbesuchen kannten Pflegestützpunkte besonders häufig. Männer, in Großstädten lebende Befragte, Personen mit einer anderen als der deutschen Staatsbürgerschaft und höher Gebildete waren schlechter über Pflegestützpunkte informiert.

Pensionierte oder verrentete Befragte, chronische Kranke sowie Personen mit vielen Hausarztbesuchen nahmen PSP häufiger in Anspruch. Männer, Befragte mit einer anderen als der deutschen Staatsbürgerschaft und höher Gebildete nahmen das Angebot eher seltener in Anspruch.

Diskussion: Es lassen sich altersassoziierte und gesundheitsbezogene Einflussfaktoren auf das Wissen über- und die Inanspruchnahme von PSP nachweisen. Dies deutet darauf hin, dass die Bevölkerung anlassbezogen über PSP informiert wird oder die Einrichtungen in diesen Fällen selber findet. Jedoch waren Männer seltener über PSP informiert und haben sie seltener in Anspruch genommen als Frauen. Dies lässt sich im Lichte von Geschlechterrollen und Geschlechterunterschieden in Gesundheitskompetenzen betrachten. Auch Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind schlechter informiert und nehmen PSP seltener in Anspruch.

Praktische Implikationen: Neben der anlassbezogenen Aufklärung über Pflegestützpunkte und deren Angebote sollte die Bevölkerung auch zielgruppenorientiert angesprochen werden um Barrieren im Gesundheitssystem weiter abzubauen. Als Zielgruppen können Männer, Bewohner:innen von urbanen Räumen und Migrant:innen identifiziert werden.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Das Wissen über Pflegestützpunkte sollte neben der anlassbezogenen Aufklärung auch durch eine zielgruppenorientierte Ansprache verbreitet werden.

Förderung: BMBF-Strukturförderung Versorgungsforschung; 01GY1911