gms | German Medical Science

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

05.10. - 07.10.2022, Potsdam

Patientenzentrierte ambulante Gesundheitsversorgung im hohen Alter: Vergleich der Perspektiven von Patienten, Ärzten und Zahnärzten

Meeting Abstract

  • Angélique Herrler - NRW Forschungskolleg GROW, Universität zu Köln, Köln, Deutschland; Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland
  • Helena Kukla - NRW Forschungskolleg GROW, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Lisa Valerius - NRW Forschungskolleg GROW, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Greta Barbe - Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Köln, Zahnerhaltung und Parodontologie, Köln, Deutschland
  • Vera Vennedey - Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland
  • Stephanie Stock - Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland; Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Köln, Zahnerhaltung und Parodontologie, Köln, Deutschland

21. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 05.-07.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dkvf066

doi: 10.3205/22dkvf066, urn:nbn:de:0183-22dkvf0668

Veröffentlicht: 30. September 2022

© 2022 Herrler et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Altersgruppe der über 80-Jährigen wird in fast allen Bereichen der ambulanten Versorgung präsenter. Um diese patientenzentriert auszugestalten ist ein Verständnis ihrer Vorstellungen von guter Versorgung nötig – insbesondere für Deutschland liegen dazu kaum Studien außerhalb institutionalisierter Settings vor, noch weniger unter Einbezug der Zahnmedizin. Zeitgleich stellt diese Altersgruppe mit ihrer höheren Belastung durch bspw. Multimorbidität die sie behandelnden (Zahn-)Ärzte vor besondere Herausforderungen.

Fragestellung und Zielsetzung: Wie sollte die ambulante Gesundheitsversorgung im hohen Alter gestaltet sein? Ziel ist eine vergleichende Darstellung der Perspektiven und Vorstellungen von guter ambulanter (inkl. zahnmedizinischer) Versorgung von über 80-Jährigen und den sie versorgenden Ärzten und Zahnärzten.

Methode oder Hypothese: Es wurden 22 problemzentrierte Interviews mit über 80-Jährigen in der eigenen Häuslichkeit durchgeführt, jeweils elf zur haus-/fachärztlichen und zur zahnärztlichen Versorgung. Hierbei kam ein semistrukturierter Interviewleitfaden zum Einsatz. Die Interviews wurden wörtlich transkribiert und anschließend thematisch nach Braun und Clarke analysiert. Zudem wurde ein qualitativer Onlinesurvey durchgeführt, an dem 40 Haus- und Fachärzte sowie 37 Zahnärzte teilgenommen haben und der qualitativ-inhaltsanalytisch nach Kuckartz ausgewertet wurde.

Ergebnisse: Zahlreiche von Patienten, Ärzten und Zahnärzten berichtete Charakteristika guter Versorgung, bspw. individuelle Ausrichtung sowie vorausschauende Versorgung, stimmten überein. Die Vorstellungen der Patienten adressierten primär Ärzte, insbesondere im Hinblick auf die Beziehungsgestaltung. Demgegenüber schilderten Ärzte Überforderung angesichts der vielfältigen Ansprüche, insbesondere wenn sie nicht-medizinischer Natur sind. Zahnärzte verwiesen zudem auf geringe Sensibilität für Mundgesundheit und -hygiene bei anderen versorgenden Professionen und Patienten. Beide Arztgruppen beschrieben erhebliche Herausforderungen in Bezug auf die komplexere und aufwändigere Versorgung und äußerten entsprechende Entlastungswünsche, vor allem in Form von Zeit, Vergütung und Unterstützungsangeboten.

Diskussion: Die Ergebnisse liefern einen vertiefenden Einblick in die ambulante Versorgung über 80-Jähriger. Während sowohl Patienten als auch Ärzte wesentliche Charakteristika patientenzentrierter Versorgung als gute Versorgung beschreiben, wird dies noch nicht durch die Versorgungsstrukturen abgebildet, insbesondere aufgrund fehlender Zeit und Anlaufstellen außerhalb der Arztpraxen.

Praktische Implikationen: Die Schaffung und Vernetzung von entlastenden sozialen bzw. lokalen Strukturen ist nötig, um patientenzentrierte Versorgung im hohen Alter realisieren zu können. Zudem sollte die Versorgung im hohen Alter stärker auf vertrauensvolle Beziehungen und gute Kommunikation setzen.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Für eine umfassende Versorgung im hohen Alter sollten größere Professionsnetzwerke aufgebaut werden, in denen auch die Zahnmedizin abgebildet ist.

Förderung: Sonstige Förderung; Mittelbar über das Förderinstruments "Forschungskollegs" des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW