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Arbeitsunfähigkeitszeiten vor und nach der Strukturreform der Psychotherapie-Richtlinie: Eine Analyse von Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung im Projekt Eva PT-RL (Evaluation der Psychotherapie-Richtlinie)
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Veröffentlicht: | 30. September 2022 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Psychotherapie-Richtlinie (PT-RL) gestaltet die Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung. Im Jahr 2017 wurde eine Strukturreform der PT-RL umgesetzt, mit dem Ziel, den Zugang zu ambulanter psychotherapeutischer Versorgung sowie den Behandlungs- und Versorgungsverlauf insgesamt zu verbessern. Mit der psychotherapeutischen Sprechstunde und der psychotherapeutischen Akutbehandlung wurden neue Versorgungselemente eingeführt. Weiterhin wurden Maßnahmen zur Rezidivprophylaxe eingeführt sowie Anreize zur Förderung der Gruppentherapie gesetzt. Zur Evaluation dieser Strukturreform wird u.a. eine Analyse von Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorgenommen. Diese Analyse umfasst die Auswertung von Arbeitsunfähigkeitszeiten (AU-Zeiten) vor und nach der Reform bei Versicherten mit dem Krankheitsbild der Depression als einer der häufigsten psychischen Erkrankungen.
Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Analyse der AU-Zeiten ist es, zu ermitteln, ob die Strukturreform zu einer Veränderung der AU-Zeiten bei Menschen mit Depression geführt hat. Zudem sollen mögliche Einflussfaktoren erkannt werden.
Methode: Die Analyse erfolgt anhand anonymisierter Routinedaten zweier bundesweit tätiger GKVen. Indexquartal für den Zeitraum vor der Reform ist Q1/2016 (Zprä) und nach der Reform Q1/2018 (Zpost). Es gelten die folgenden Einschlusskriterien für die Einbeziehung der Versicherten: Mindestens das 21. Lebensjahr vollendet; Eine der folgenden Diagnosen (F32, F33, F34.1, F38.1) als gesicherte Diagnose und/oder Hauptentlassungsdiagnose im Indexquartal sowie in mindestens einem späteren Quartal innerhalb der nächsten 12 Monate, jedoch keine Dokumentation der aufgeführten Diagnosen in den 12 Monaten vor dem Indexquartal; Im Beobachtungszeitraum durchgängig bei den teilnehmenden Kassen versichert; Wohnsitz in Deutschland; keine Teilnahme an selektivvertraglich geregelter Versorgung. Die Auswertung der AU-Zeiten erfolgt nach Anzahl und Dauer.
Ergebnisse: Für die Analyse können insgesamt 291.524 Versicherte eingeschlossen werden (Zprä: n=153.676; Zpost: n=137.848). Das durchschnittliche Alter liegt bei 54,6 (SD: 17,6) Jahren (Zprä) bzw. 53,7 (SD: 17,6) Jahren (Zpost). Im Prä- bzw. Post-Zeitraum sind 65% bzw. 63% weiblich. Zum Zeitpunkt der Konferenz werden die Ergebnisse hinsichtlich des Einflusses der Strukturreform auf die AU-Zeiten sowie möglicher Einflussfaktoren vorliegen.
Diskussion: Die Analyse von AU-Zeiten auf Basis von GKV-Routinedaten kann als ein Outcome für die Bewertung der Strukturreform auf die Patientenversorgung betrachtet werden. Dabei ist zu beachten, dass AU-Zeiten auf Basis von Routinedaten anfällig für Verzerrungen sein können.
Praktische Implikationen: Die Analyse von Routinedaten stellt im Projekt Eva PT-RL zusammen mit weiteren Datenerhebungen die Grundlage für Empfehlungen zur Weiterentwicklung der psychotherapeutischen Versorgung dar.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die Analyse der AU-Zeiten auf Basis von Routinedaten kann einen Hinweis liefern, inwieweit die Strukturreform der PT-RL ihre Ziele erreicht hat.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19006