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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Geschlechtsspezifische Unterschiede in Versorgung und Krankheitsverlauf von Patienten mit niedrigstufiger pAVK in einer „real-world“ Kohorte

Meeting Abstract

  • Jannik Feld - University of Muenster, Institute of Biostatistics and Clinical Research, Münster, Deutschland
  • Lena Makowski - University Hospital Muenster, Cardiol., Dept. of Cardiology I, Coronary and Peripheral Vascular Disease, Heart Failure, Münster, Deutschland
  • Jeanette Köppe - University of Muenster, Institute of Biostatistics and Clinical Research, Münster, Deutschland
  • Julia Illner - University Hospital Muenster, Cardiol., Dept. of Cardiology I, Coronary and Peripheral Vascular Disease, Heart Failure, Münster, Deutschland
  • Leonie Kühnemund - University Hospital Muenster, Cardiol., Dept. of Cardiology I, Coronary and Peripheral Vascular Disease, Heart Failure, Münster, Deutschland
  • Achim Wiederhold - University Hospital Muenster, Cardiol., Dept. of Cardiology I, Coronary and Peripheral Vascular Disease, Heart Failure, Münster, Deutschland
  • Joachim Gerß - University of Muenster, Institute of Biostatistics and Clinical Research, Münster, Deutschland
  • Holger Reinecke - University Hospital Muenster, Cardiol., Dept. of Cardiology I, Coronary and Peripheral Vascular Disease, Heart Failure, Münster, Deutschland
  • Eva Freisinger - University Hospital Muenster, Cardiol., Dept. of Cardiology I, Coronary and Peripheral Vascular Disease, Heart Failure, Münster, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf310

doi: 10.3205/20dkvf310, urn:nbn:de:0183-20dkvf3100

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Feld et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Prävalenz der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist in den vergangenen Jahrzehnten weltweit stark gestiegen. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Versorgung und des Krankheitsverlaufs rücken somit weiter in den Fokus der Diskussion.

Fragestellung und Zielsetzung: Das Ziel unserer Studie war es, anhand einer ungefilterten „real-world“ Kohorte geschlechtsspezifische Risikofaktoren zu identifizieren und Unterschiede in der Versorgung zwischen den Geschlechtern zu untersuchen. Im weiteren Verlauf wurden diese Unterschiede im Hinblick auf Mortalitätsraten und der Entwicklung einer kritischen Ischämie analysiert.

Methode oder Hypothese: Unsere Analyse schloss 42.197 Patienten der AOK (Allgemeine Ortskrankenkasse) ein, die in den Jahren 2014 oder 2015 mit Hauptdiagnose pAVK der Rutherford Kategorie 1-3 hospitalisiert wurden. Pro Patient betrachteten wir eine 2-jährige Baseline Phase vor dem Index-Aufenthalt sowie bis zu 5 Jahre Follow-up. Als primäre Analysen wurden multivariable zeitabhängige Cox-Regressionen für die Untersuchung der Endpunkte Tod und progressionsfreies Überleben durchgeführt.

Ergebnisse: Ein Drittel unserer Kohorte waren Frauen (F), die im Median etwa 6 Jahre älter waren als Männer (M) (Medianes Alter F: 72.6 Jahre vs. M: 66.4 Jahre). Der Anteil von Rauchern war unter Männern erhöht (F: 40.8% vs. M: 50.7%) ebenso wie das Auftreten des chronischen Koronarsyndroms (F: 40.6% vs. M: 48.2%). Die Prävalenz von Bluthochdruck (F: 90.3% vs. M: 86.9%) und chronischer Niereninsuffizienz (F: 29.2% vs. M: 26.1%) ist jedoch bei Frauen leicht erhöht. Vor dem Index-Aufenthalt bekamen statistisch auffällig mehr Männer von den Leitlinien empfohlene Statine (F: 45.9% vs. M: 50.2%) oder orale Blutverdünner (F: 37.1% vs. M: 42.6%) und während des Index-Aufenthaltes wurden Männer öfter einer Revaskularisierung unterzogen (F: 81,8% vs. M: 83,3%). Nach der Berücksichtigung von Risikoprofilen ist das weibliche Geschlecht mit einer positiven Wirkung auf das Überleben assoziiert (HR: 0.76; 95% CI: (0.73, 0.80), p<0.001). Demgegenüber konnten wir ein signifikant höheres Risiko für Frauen bei vorangegangenem Schlaganfall zur Baseline (HR: 1.24; 95% CI: (1.09, 1.42), p =0.010) oder Rauchen (HR: 1.22; 95% CI: (1.08,1.36), p=0.010) feststellen. Eine zerebrovaskuläre Vorerkrankung ist für Frauen jedoch weniger risikobehaftet (HR: 0.86; 95% CI: (0.77, 0.96), p=0.037). Auch die Analyse des Endpunktes Tod oder kritische Ischämie zeigt, dass das männliche Geschlecht einen unabhängigen Risikofaktor darstellt (HR: 1.12; 95% CI: (1.08,1.16), p<0.001).

Diskussion: Weibliche Patienten sind im Median älter und weisen zur Baseline eine geringere Revaskularisierungs- und Medikationsrate auf. Nach Adjustierung für Risikofaktoren scheinen Männer nach dem Indexaufenthalt unter erhöhtem Risiko für Tod und den kombinierten Endpunkt kritische Ischämie oder Tod zu stehen.

Praktische Implikationen: Es werden weitere Analysen folgen müssen, um die individuellen Bedürfnisse von männlichen und weiblichen niedrigstufigen pAVK Patienten zu identifizieren.