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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Regionale Datenverfügbarkeit zur Erfassung von Autonomiechancen älterer Menschen

Meeting Abstract

  • Daria Schrage - Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Magdeburg
  • Annemarie Feißel - Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Magdeburg
  • Julia Piel - Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Magdeburg
  • Astrid Eich-Krohm - Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Magdeburg
  • Bernt-Peter Robra - Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Magdeburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf416

doi: 10.3205/18dkvf416, urn:nbn:de:0183-18dkvf4163

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Schrage et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im Jahr 2030 werden mehr als 32% der Bevölkerung in den ostdeutschen Flächenländern über 65 Jahre alt sein. Sachsen-Anhalt (ST) wird dabei mit über 34% den Spitzenplatz ein-nehmen. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen des Forschungsverbundes Autonomie im Alter – AiA (gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie Landesmittel) technologische und soziale Innovationen entwickelt, um älteren Menschen in ST ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Fragestellung: Zur Erfassung von Autonomiechancen einzelner Kommunen in ST wurde das “Framework Domänen und Indikatoren für Autonomiechancen“ entwickelt. Es beinhaltet die fünf Domänen Sozialstruktur, Gesundheitsversorgung und Pflege, Wohnen und Lebensführung, Teilhabe und Bürgerschaftliches Engagement sowie Bildung und Kultur, denen insgesamt 30 Indikatoren zugeordnet sind. Das Framework soll ermöglichen, Kommunen hinsichtlich ihrer Entwicklung zu vergleichen und Autonomiechancen für ältere Menschen zu verbessern. Für Vergleichsanalysen sind Daten auf Kommunalebene nötig, doch Verfügbarkeit und Qualität bestimmter Bevölkerungsdaten variieren regional. Im Rahmen dieses Beitrages wird eruiert, welche Daten zur Erfassung von Autonomiechancen älterer Menschen kleinräumig und regelmäßig verfügbar sind.

Methode: Als Datengrundlage dienen Routinedaten auf Landes- und Kommunalebene, z.B. Daten des statistischen Landesamtes oder der kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Daten wurden den Domänen und Indikatoren des Frameworks zugeordnet und nach Datenquelle, Erscheinungsturnus und Verfügbarkeitsebene (Kommune, Kreis, Land, Bund) ausgewertet.

Ergebnisse: Viele Daten sind zwar auf Kreisebene, nicht aber auf Kommunalebene verfügbar, was einen kommunalen Vergleich oder die Darstellung kommunaler Entwicklungen unmöglich macht. Dies betrifft besonders Daten zu Gesundheitsversorgung und Pflege.

Kleinräumigere Informationen auf Kommunalebene liegen zudem oft nur als Querschnittdaten vor, wie sie bspw. beim Zensus 2011 erhoben wurden. So ist ein Vergleich des Status quo zwischen Kommunen im Jahr 2011 möglich, die Darstellung von Entwicklungen jedoch nicht.

Zu einigen Daten zur Pflegeinfrastruktur liegen Daten auf Landesebene vor, jedoch keine kommunalen Daten, sodass hier auf nicht repräsentativen Datenquellen, z.B. Gelbe Seiten oder Arztsuche.de, zurückgegriffen werden muss. Dies betrifft auch weitere Daten aus ande-ren Domänen, beispielsweise Daten zum Indikator Ehrenamt in der Domäne Teilhabe und Bürgerschaftlichem Engagement.

Diskussion: Für umfassende Vergleiche auf Grundlage des Frameworks sind insgesamt zu geringe Da-tenmengen kleinräumig und regelmäßig verfügbar. Lediglich für einzelne Indikatoren wie z.B. Erwerbstätigkeit und Einkommen/Rente aus der Domäne Sozialstruktur stehen differenzierte Daten zur Verfügung. Die relevanten Angaben liegen zudem meistens so nach Alter gruppiert vor, dass ältere Menschen mit „älter als 65“ zu grob zusammengefasst werden. Dies stellt ein erhebliches Defizit in der Forschung für und über ältere Menschen dar. Um die Aussagekraft für die Zielgruppe der älteren Menschen zu erhöhen, sollten alle Daten in Altersgruppen mit z.B. zehn Jahren Klassenbreite differenziert nach Geschlecht und in regelmäßigem Turnus zur Verfügung stehen. Insbesondere auf Kommunalebene sind auf Grund von möglicherweise geringen Fallzahlen dabei datenschutzrechtliche Belange zu berücksichtigen.

Perspektivisch empfiehlt sich im Sinne der digitalen Agenda des Landes Sachsen-Anhalts die Implementierung einer „Open Data“-Plattform, die es insbesondere kommunalen Akteuren und älteren Menschen ermöglicht, transparent und barrierefrei auf alle verfügbaren Daten zuzugreifen, insbesondere solche, die Autonomiechancen darstellen.

Praktische Implikationen: Aufgrund der ungenügenden Datenlage lassen sich keine umfassenden Aussagen über Entwicklungen in und Vergleiche zwischen Kommunen treffen. Autonomiechancen älterer Menschen können derzeit nur auf anderem Wege (z.B. qualitativ) oder großräumiger auf Kreis- oder Landesebene erfasst werden.