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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Analyse geriatrischer Versorgungsstrukturen in Baden-Württemberg – Eine qualitative Studie

Meeting Abstract

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  • Melanie Zirves - IMVR (Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft), Univ. Köln, Versorgungswissenschaften, Köln
  • Ingrid Schubert - PMV Forschungsgruppe, Leitung, Köln
  • Holger Pfaff - IMVR (Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft), Univ. Köln, Institutsleitung, Köln
  • Ute Karbach - IMVR (Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft), Univ. Köln, Versorgungsforschung, Köln

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf415

doi: 10.3205/18dkvf415, urn:nbn:de:0183-18dkvf4152

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Zirves et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Um der wachsenden älteren Bevölkerung ein möglichst langes, gesundes und eigenständiges Leben ermöglichen zu können, wurden in Deutschland bundeslandspezifische Geriatriekonzepte etabliert. Diese zielen darauf ab, Handlungsfelder und Grundlagen der geriatrischen Versorgung zu erarbeiten und zu definieren [1]. Historisch und politisch bedingt weist Deutschland jedoch eine inhomogene Struktur auf, was die stationäre Versorgung geriatrischer Patienten anbelangt: Während im Norden und Zentrum akutstationäre Angebote dominieren, liegt der Fokus im Süden des Landes auf rehabilitativen Strukturen [2]. Hintergrund des Projektes ist das Bemühen, den in § 31 SGB 11 (Kapitel 4, 2. Abschnitt) festgehaltenen Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ für ältere und insbesondere geriatrische Patienten in Baden-Württemberg flächendeckend umzusetzen. Hierzu fand im Vorfeld eine Analyse von Routinedaten eines Versicherungsträgers statt.

Fragestellung: Ziel des qualitativen Forschungsvorhabens ist es, aus Sicht relevanter Akteure zusätzliche und erläuternde Hinweise auf die Themen Fehlanreize für Überweiser sowie Fehlsteuerung in der Versorgung zu identifizieren. Auch Einschätzungen zu Über-, Unter- und Fehlversorgung sowie eine Bewertung der generellen rehabilitativen geriatrischen Versorgungssituation in Baden-Württemberg sollen gewonnen werden.

Methode: Im qualitativen Studiendesign werden 11 Experteninterviews (telefonisch/face-to-face) mit Vertretern Geriatrischer Zentren und Rehabilitationskliniken, Akteuren der Steuerungsebene, Kostenträgern und Patientenvertretern in Baden-Württemberg geführt. Diese werden im Anschluss mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.

Ergebnisse: Das Geriatriekonzept Baden-Württemberg wird von allen Befragten geschätzt. Aus Sicht der interviewten Experten zeichnen sich jedoch Schwierigkeiten ab, das 2014 überarbeitete Geriatriekonzept Baden-Württemberg in allen angedachten Punkten in die Praxis zu übertragen. Überwiegend wird hinsichtlich der geriatrischen Versorgungssituation auf eine allgemeine Unterversorgung geschlossen, die jedoch regional divergiert. Insbesondere wird auf finanzielle Aspekte sowie die Schnittstellenproblematik zwischen Krankenhaus und Rehabilitationseinrichtungen verwiesen, wo sich eine Fehlallokation in die Kurzzeitpflege sowie eine Patientenselektion ausmachen lassen. Die frühzeitige Identifikation geriatrischer Patienten in der Akutversorgung sowie das anschließende Antragsverfahren für eine geriatrische Rehabilitation sind mit hohem Zeit- und Kostenaufwand behaftet.

Diskussion: Die Motivation zur Umsetzung des Geriatriekonzeptes in die Praxis ist bei den interviewten Experten sowie deren Mitarbeitern hoch, scheint jedoch durch strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen ausgebremst. Die Ergebnisse der qualitativen Studie lassen sich mit jenen der im Vorfeld durchgeführten Sekundärdatenanalyse abgleichen.

Praktische Implikationen: Das in der Versorgungsforschung angesiedelte Projekt kann die Relevanz des Geriatriekonzeptes wissenschaftlich absichern und auf dieser Basis zukunftsweisende politische Entscheidungen ermöglichen. In Form von Empfehlungen kann so einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Geriatriekonzepts in Baden-Württemberg geleistet werden.


Literatur

1.
Ministerium für Arbeit, Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg. Geriatriekonzept Baden-Württemberg 2014. Verfügbar unter: https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Publikationen/Geriatriekonzept_2014.pdf Externer Link
2.
BVG - Bundesverband Geriatrie e.V. Weißbuch Geriatrie. Band I: Die Versorgung geriatrischer Patienten: Strukturen und Bedarf. Stuttgart: Kohlhammer; 2016.