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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Entwicklung eines Verfahrens zur individualisierten Messung der Ergebnisqualität in der geriatrischen Rehabilitation

Meeting Abstract

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  • Norbert Birkner - BQS Institut, Statistik und Forschungsmethoden, Düsseldorf

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf413

doi: 10.3205/18dkvf413, urn:nbn:de:0183-18dkvf4133

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Birkner.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In Indikationsbereichen, die ein divergentes Krankheitsbild zeigen und entsprechend unter-schiedliche Therapieansätze erfordern, lässt sich die Ergebnisqualität mit einem einheitlichen Ansatz nicht adäquat darstellen. Die geriatrische Rehabilitation stellt einen solchen inhomogenen Indikationsbereich dar.

Fragestellung: Wie lässt sich die Ergebnisqualität in der geriatrischen Rehabilitation messen, für die eine Patientenklientel mit unterschiedlichen Störungsbildern und unterschiedlichem Therapiemix sowie hohem Alter und Multimorbidität kennzeichnend ist?

Methode:

Konzept: Die Grundidee des Konzeptes besteht darin, für jedes Störungsbild, das eine eigene therapeutische Entität bildet, ein separates Modul vorzuhalten, so dass mit einem Set unterschiedlicher Module die Outcomes von einem Großteil aller therapeutischen Maßnahmen beschrieben werden können. Auf dieser Grundlage können dann für jeden Patienten, entsprechend dem mit ihm vereinbarten individuellen Reha-Ziel und der zur Zielerreichung durchgeführten therapeutischen Maßnahmen, die für ihn relevanten Module ausgewählt und zur Messung des Therapieerfolges verwendet werden.

Die Ergebnisqualität wird durch standardisierte Befragung der Patienten mit einem prä-post-Design modular gemessen. Die Messungen erfolgen ereignisorientiert auf Basis gradueller Leistungseinschätzungen gut beobachtbarer Merkmale. Dadurch können Patienten aber auch Bezugspersonen, die sie nahe begleiten, dazu reliable Angaben machen. Wenn Patienten z.B. durch kognitive Einschränkungen ausfallen, dann können deren Bezugspersonen valide Angaben zur Ergebnisqualitätsbestimmung beisteuern.

Exploration: In vier Reha-Einrichtungen wurden die an der Leistungserbringung beteiligten Professionen befragt, um

  • einen standardisierten Prozess für das Verfahren abzuleiten, der die Erstellung des individuellen Therapieplans für einen Patienten beschreibt,
  • eine Klasseneinteilung der Störungsbilder bzw. der therapeutischen Maßnahmen zu entwickeln,
  • substanzielle Leistungsstufen innerhalb einzelner therapeutischer Maßnahmen genannt zu bekommen, die für Laien gut beobachtbar sind.

Erhebungen: Die Überprüfung der Messeigenschaften der entwickelten Module erfolgte durch Anwendung des Verfahrens an zwei unabhängigen Stichproben. Zuvor wurden bei 38 Patienten aus sechs Reha-Einrichtungen Kognitive Pretests zur Prüfung der Fragebögen auf Verständlichkeit durchgeführt. In Studie 1, die innerhalb des prä-post-Designs als Parallelerhebung angelegt war, wurde zudem geprüft, inwieweit Patienten- und korrespondierende Bezugspersonenangaben übereinstimmen. Die Messeigenschaften der revidierten Module wurden dann an einer neuen Stichprobe (Studie 2) überprüft.

Im Erhebungsdesign werden Behandler, Patienten und Bezugspersonen sowie die Messzeitpunkte Reha-Beginn und zwei Wochen nach Reha-Ende differenziert und die Ergebnisqualität sowie diverse Patientenmerkmale erhoben. Zur Messung der Ergebnisqualität standen 33 Module zur Auswahl.

Ergebnisse: In Studie 1 haben 13 teilnehmende Reha-Einrichtungen 629 Fälle vollständig dokumentiert, wovon für 255 Patienten und 72 Bezugspersonen ausgefüllte Fragebögen zur prä-post-Messung vorlagen. Die Rücklaufquoten lagen bei 41,3 bzw. 30,1%. Für 60 Fälle lagen parallele Ergebnisse für Patienten und Bezugspersonen vor.

Pro Patient wurden im Mittel 6,1 Module ausgewählt, am häufigsten Module der Mobilität: Gangsicherheit, Gehen in Innenbereich, Treppensteigen, Gehen im Außenbereich sowie das für Schmerzen mit Anteilen von 50 bis 70%.

Die berechneten Modul-Scores von Patienten und Bezugspersonen korrelieren hoch miteinander (rmax=0,7). Die Reliabilität dieser Module ist gut (Cronbachs Alpha ≥ 0,7). Die Korrelationen der Modul-Scores mit parallel erhobenen Globalbewertungen der Zielerreichung sind substanziell (rmax=0,9).

In Studie 2 haben 12 teilnehmende Einrichtungen 464 Fälle vollständig dokumentiert, wovon für 201 Patienten und 9 Bezugspersonen Fragebögen zur prä-post-Messung vorlagen. Die Ergebnisse der Studie 1 bezüglich Modulauswahl, Reliabilität und Validität der Module konnte in Studie 2 repliziert werden.

Diskussion: In beiden Studien wurden übereinstimmende Ergebnisse gefunden. Das Konzept zeigt sich damit geeignet, die Ergebnisqualität patientenspezifisch valide und reliabel zu messen ggf. alternativ durch Befragung von Bezugspersonen.

Praktische Implikationen: Die berichteten Ergebnisse basieren auf den Auswertungen der am häufigsten ausgewählten Module. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die bisher nicht geprüften Module hinsichtlich ihrer Messgüte zu untersuchen.

Das Konzept der individualisierten Ergebnisqualitätsmessung lässt sich auch auf andere inhomogene Indikationsbereiche übertragen. Der Ansatz geeignet sich zudem für die sektorenübergreifende Qualitätssicherung sowie zur Messung langfristiger Behandlungs-erfolge durch zusätzliche Follow-Up-Untersuchungen.