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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Prognose der Krebsinzidenz und -mortalität in Hamburg für das Jahr 2030

Meeting Abstract

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  • Annika Waldmann - Hamburgisches Krebsregister, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Auswertungen, Hamburg
  • Cynthia Erb - Hamburgisches Krebsregister, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Auswertungen, Hamburg
  • Regina Fertmann - Prävention, Gesundheitsförderung und ÖGD, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, GBE, Monitoring und Zuwendungen, Hamburg
  • Alice Nennecke - Hamburgisches Krebsregister, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Auswertungen, Hamburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf401

doi: 10.3205/18dkvf401, urn:nbn:de:0183-18dkvf4015

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Waldmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Aktuell werden in Hamburg jährlich rund 10.500 Krebsneuerkrankungen diagnostiziert und etwa 4.515 Personen versterben infolge von Krebs. Angesichts des demografischen Wandels und einer – für viele Krebsarten zutreffenden – höheren Erkrankungs- und Sterbewahrscheinlichkeit mit fortschreitendem Alter ist zu vermuten, dass zukünftig mehr Personen mit einer Krebsdiagnose konfrontiert und medizinisch versorgt werden müssen.

Fragestellung: Wie viele Personen aus der Hamburger Wohnbevölkerung werden im Jahr 2030 neu an Krebs erkranken bzw. versterben? Sind innerhalb von Hamburg regionale Unterschiede zu erwarten?

Methode: Daten des Hamburgischen Krebsregisters, die Todesursachenstatistik für Hamburg und eine kleinräumige Bevölkerungsprognose des Statistischen Amtes Nord wurden verwendet, um die Krebsneuerkrankungszahlen und die krebsbedingte Mortalität für das Jahr 2030 zu prognostizieren. Es wurde angenommen, dass Erkrankungs- und Sterbewahrscheinlichkeiten gleich bleiben.

Für die Bevölkerungsprognose wurde eine Fertilität von 1,45 (Spannweite zwischen den Bezirken Hamburgs: 1,25-1,55) für das Jahr 2030 angenommen und die Zu- und Wegzüge in das bzw. aus dem Hamburger Stadtgebiet auf Basis der Zahlen aus den Jahren 2012 bis 2016 geschätzt. Weiterhin wurden geplante und im Aufbau befindliche Neubaugebiete berücksichtigt und die alters- und geschlechtsdifferenzierte Sterbewahrscheinlichkeit aus der Lebenserwartung der Hamburger Wohnbevölkerung zugrunde gelegt.

Mittlere Inzidenz- und Mortalitätsraten der Jahre 2013 bis 2015 differenziert nach Entität, Geschlecht und Alter waren Grundlage für die Prognosen. Die Altersgruppen entsprachen 5-Jahres-Altersgruppen (0-4 … 90-94) und einer Gruppe für die Höchstbetagten (>= 95 Jahre). „Krebs gesamt“ wurde gemäß internationaler Regeln definiert als ICD-10 C00-C97, ohne C44 (nicht-melanotischer Hautkrebs).

Hamburg (ohne Neuwerk) ist räumlich in 104 Stadtteile, die zu sieben Bezirken zusammengefasst werden, unterteilt. Die Bevölkerungsgröße der Bezirke liegt zwischen etwa 63.000 und 218.000 Einwohnern. Aus statistischen Gründen wird das Stadtgebiet bei Bedarf in 68 Regionen mit einer Mindesteinwohnerzahl von 10.000 Personen unterteilt (2 Ausnahmen). Bei der Zusammenlegung von 47 Stadtteilen zu 16 Stadtteilclustern gelten folgende Bedingungen: Die Stadtteile gehören zu einem Bezirk, sie grenzen räumlich aneinander, ihre soziale Lage ist möglichst ähnlich.

Ergebnisse: In Hamburg lebten im Zeitraum 2013 bis 2015 durchschnittlich ca. 883.000 Männer und 925.000 Frauen. Von diesen erkrankten jährlich rund 5.200 Männer (rohe Rate [RR]: 590 Fälle/100.000 Einwohner) und 5.300 Frauen (RR: 571/100.000) an Krebs. Für das Jahr 2030 werden bei Männern rund 6.150 (RR: 647/100.000) und bei Frauen rund 5.950 (RR: 590/100.000) Krebsneuerkrankungen erwartet. Die gestiegene Anzahl entspricht einer relativen Zunahme von 18 % bei Männern bzw. 13 % bei Frauen. Die höchsten relativen Zunahmen werden bei Männern für bösartige Neubildungen des Darms (ICD-10 C18-C21), der Harnblase (C76, D09.0), der Prostata (C61) und des Pankreas (C25) sowie bei Frauen für Tumoren im Hals-Rachenraum (C00-C14), der Leber (C22), der Lunge (C33-C34) und des Magens (C16) erwartet.

Die Inzidenzzunahme variiert zwischen den Bezirken Hamburgs (Spannweite: +7 % bis 27 %). Die Bezirke mit den höchsten geschätzten Zunahmen sind Bergedorf (für beide Geschlechter), Hamburg Mitte (Frauen) und Hamburg Nord (Männer). Auch auf Ebene der Stadtteil(-cluster) zeigen sich regionale Unterschiede für die derzeit drei häufigsten Tumorerkrankungen bei Männern und Frauen.

In den Jahren 2013 bis 2015 verstarben im Mittel jährlich rund 2.400 Männer (RR: 272/100.000) und 2.180 Frauen (RR: 236/100.000) infolge einer Krebserkrankung. Für das Jahr 2030 werden bei Männern rund 2.970 (RR: 312/100.000) und bei Frauen rund 2.500 Todesfälle (RR: 249/100.000) infolge einer Krebserkrankung prognostiziert. Die gestiegene Anzahl an Todesfällen entspricht einer relativen Zunahme von 23 % bei Männern bzw. 19 % bei Frauen.

Diskussion: Auf Basis einer kleinräumigen Bevölkerungsprognose für die Freie und Hansestadt Hamburg in Kombination mit aktuellen Daten des Hamburgischen Krebsregisters konnte erstmals eine Abschätzung der Krebsinzidenz und -mortalität für das Jahr 2030 vorgenommen werden. Die Prognosen zeigen eine relevante und regional variierende Zunahme der Inzidenz und der krebsbedingten Mortalität auf, die in der Bedarfsplanung für die onkologische Versorgung mit berücksichtigt werden sollte.

Als Limitation der vorgestellten Analysen ist zu nennen, dass zeitliche Trends der Inzidenz und Mortalität und außerhalb von Hamburg lebende, aber in Hamburg behandelte Personen für die Prognosen unberücksichtigt blieben.

Praktische Implikationen: Die Prognosen der Erkrankungs- und Sterbefälle für Krebs gesamt und für die 19 häufigsten Krebserkrankungsgruppen können für die Bedarfsplanung im Gesundheitswesen herangezogen werden.