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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Datenschutzkonformes pseudonymes Data-Linkage von Daten aus Notaufnahmen und der kassenärztlichen Versorgung im Projekt INDEED – Inanspruchnahme und sektorenübergreifende Versorgungsmuster von Patienten in Notfallversorgungsstrukturen in Deutschland

Meeting Abstract

  • Antje Fischer-Rosinsky - Charité Berlin, Notfall- und Akutmedizin Campi Nord, Berlin
  • Grit Ebert - TMF e. V., IT-Infrastruktur, Qualitätsmanagement & Datenschutz, Berlin
  • Felix Greiner - Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Universitätsklinik für Unfallchirurgie, Magdeburg
  • Burgi Riens - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Berlin
  • Björn Kreye - OFFIS – Institut für Informatik, Methoden und Werkzeuge der Versorgungsforschung, Oldenburg
  • Christian Lüpkes - OFFIS – Institut für Informatik, Methoden und Werkzeuge der Versorgungsforschung, Oldenburg
  • Michael Erhart - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Versorgungsforschung, Berlin
  • Thomas Keil - Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Berlin
  • Anna Slagman - Charité Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin Campi Nord, Berlin
  • Martin Möckel - Charité Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin Campi Nord, Berlin

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf386

doi: 10.3205/18dkvf386, urn:nbn:de:0183-18dkvf3868

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Fischer-Rosinsky et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die dauerhafte Überfüllung der Notaufnahmen in Deutschland gefährdet eine angemessene Versorgung der Patienten in den Notaufnahmen, welche sich bereits jetzt am Rand ihrer Kapazitätsgrenzen bewegen. Im Fokus von INDEED steht die Entwicklung von Strukturen, um ein realistisches Abbild der aktuellen Versorgungslage sektorenübergreifend darzustellen. So können erstmals grundlegende Charakteristika und Muster ermittelt werden. Folgend werden anhand dieser Daten auch Interventionen zur Anpassung der Versorgungsstrukturen entwickelt werden.

Fragestellung: Wie ist es vor dem Hintergrund datenschutzrechtlicher Vorgaben möglich, die Verknüpfung von klinischen Routinedaten aus Notaufnahmen deutschlandweit mit den entsprechenden ambulanten Behandlungsdaten der kassenärztlichen Vereinigungen dieser Notaufnahmepatienten zu realisieren und damit entsprechend sektorenübergreifende Analysen durchzuführen?

Methode: Im INDEED-Projekt werden Daten aus zwei Datenkörpern erhoben. Zum einen sind dies Routinedaten der Notaufnahmebehandlung des Kalenderjahres 2016 und zum anderen ambulante Behandlungs- und Verordnungsdaten der kassenärztlichen Vereinigungen vom Zeitraum 2014-2017. Um den Ansprüchen des Datenschutzes gerecht zu werden und das Data-Linkage zu ermöglichen, wurde ein umfangreiches Datenschutz- und Datenmanagementkonzept entwickelt. Die patienten-identifizierende Daten (IDAT) werden bereits vor Ort in den beteiligten Notaufnahmen durch eine im Projekt zu entwickelnde Software pseudonymisiert (Pseudonym Stufe 1), so dass die personenidentifizierenden Klardaten die Kliniken nicht verlassen. Zusätzlich werden die Daten in IDAT und MDAT (medizinische Nutzdaten) aufgeteilt, wobei letztere von nun an verschlüsselt über die Datentreuhandstelle im OFFIS (Institut für Informatik, Oldenburg) bis zum zentralen Datenmanagement im Projekt geleitet werden. Die ambulanten Behandlungs- und Verordnungsdaten der kassenärztlichen Vereinigungen werden in der Vertrauensstelle der KBV (kassenärztliche Bundesvereinigung) der DSSG (Gesellschaft für Dienstleistung, Support und Service, Berlin) pseudonymisiert und zum Zi (Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Berlin) geleitet. Dem Zi wird die Liste der Pseudonyme erster Stufe der Notaufnahmedaten von OFFIS zugeführt, um aus den ambulanten Versorgungsdaten die Patienten mit Notaufnahmeaufenthalt im Jahr 2016 zu identifizieren. Nur diese werden dann verschlüsselt der Vertrauensstelle von INDEED, dem OFFIS zugeführt. Liegen alle Daten beider Datenkörper beim OFFIS vor, wird das Data-Linkage über die beiden Pseudonym-Varianten der Stufe 1 aus eGK oder Name/Vorname/Geburtsdatum (NVG) vorgenommen. Die Pseudonyme werden danach erneut pseudonymisiert und mit einem Pseudonym zweiter Stufe dem zentralen Datenmanagement übermittelt. Über ein „Data-Use-And-Access-Komitee“ können die auswertenden Konsortialpartner spezifische Datenauszüge anfordern. Diese Datenauszüge werden entsprechend der definierten Forschungsfrage(n) aufbereitet und dem auswertenden Partner dann faktisch anonym zur Verfügung gestellt.

Ergebnisse: In enger Zusammenarbeit der beteiligten Konsortialpartner wurden umfangreiche Konzepte für Datenschutz und Datenmanagement entwickelt. Somit wurde die Möglichkeit geschaffen, die Routinedaten aus den zwei unterschiedlichen Datenkörpern personenbezogen und dennoch pseudonym und somit datenschutzkonform zu verbinden und eine sektorübergreifende Analyse zu ermöglichen. Das positive Datenschutzvotum der AG-Datenschutz der TMF (Technologie und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Versorgung) liegt seit Frühjahr 2018 vor. Parallel werden die entsprechenden Software-Module von OFFIS entwickelt und den jeweiligen Anforderungen angepasst.

Diskussion: Das INDEED-Projekt befindet sich derzeit in der finalen Konzeptionsphase. Bis Ende 2018 sollen alle Daten extrahiert bei der Vertrauensstelle des INDEED-Projektes OFFIS vorliegen. Weitere Kernpunkte im Projekt sind die behördliche Beurteilung des Datenschutzes auf Bundeslandebene, sowie die technische Umsetzung der Datenflüsse. Zusätzlich muss der Datenschutz in allen beteiligten Kliniken positiv beschieden werden. Die finale Datenstruktur und -qualität der Gesamtheit der Daten wird erst nach Zusammenführung aller Daten beim zentralen Datenmanagement abschätzbar sein. Erst dann wird es möglich sein zu beurteilen, wie die Daten homogenisiert und plausibilisiert werden können. Eine besondere Herausforderung stellt die heterogene Datenstruktur und -qualität in den einzelnen Notaufnahmen dar.

Praktische Implikationen: INDEED schafft zum ersten Mal nationale, datenschutzkonforme Strukturen, um die Verknüpfung von Notaufnahmedaten mit Routinedaten anderer Sektoren zu ermöglichen. Durch die Analyse komplexer faktischer Versorgungspfade werden die Voraussetzungen geschaffen, um die dringend notwendigen Anpassungen der medizinischen Versorgung der Patienten im Gesundheitssystem zu identifizieren und zu realisieren.