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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Beschreibung regionaler Unterschiede in der Teilnahmerate am Mammographie-Screening-Programm und in der Brustkrebsinzidenz anhand von GKV-Routinedaten

Meeting Abstract

  • Jonas Czwikla - Universität Bremen, SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung, Bremen
  • Iris Urbschat - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle Oldenburg, Oldenburg
  • Joachim Kieschke - Epidemiologisches Krebsregister Niedersachsen, Registerstelle Oldenburg, Oldenburg
  • Frank Schüssler - Jade Hochschule Wilhelmshaven Oldenburg Elsfleth, Institut für Angewandte Photogrammetrie und Geoinformatik, Oldenburg
  • Falk Hoffmann - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Abteilung Ambulante Versorgung und Pharmakoepidemiologie, Oldenburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf380

doi: 10.3205/18dkvf380, urn:nbn:de:0183-18dkvf3801

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Czwikla et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Teilnahmeraten am deutschen Mammographie-Screening-Programm (MSP) und altersstandardisierte Brustkrebsinzidenzen variieren regional. Weitestgehend unklar ist jedoch, worauf diese regionalen Unterschiede zurückzuführen sind. Daten der Screening-Einheiten (SE) zu MSP-Teilnehmerinnen und Daten der epidemiologischen Krebsregister (EKR) zu inzidenten Brustkrebsfällen können für die Erklärung entsprechender Unterschiede nur begrenzt genutzt werden, da sie keine Informationen zu MSP-Nichtteilnehmerinnen bzw. Frauen ohne Brustkrebs enthalten. Routinedaten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hingegen enthalten Informationen sowohl für MSP-Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen als auch für Frauen mit und ohne Brustkrebs. Vorausgesetzt, MSP-Teilnahmeraten und Brustkrebsinzidenzen lassen sich mit GKV-Routinedaten auf regionaler Ebene präzise schätzen, bieten diese eine potentielle Datenquelle für die Erklärung regionaler Unterschiede in der MSP-Teilnahmerate und in der Brustkrebsinzidenz.

Fragestellung: Untersucht wurde, wie präzise sich MSP-Teilnahmeraten und altersstandardisierte Brustkrebsinzidenzen mit GKV-Routinedaten einer großen Kasse für Deutschland, auf Bundeslandebene und auf Kreisebene in Niedersachsen im Vergleich zu einladungsbezogenen MSP-Teilnahmeraten der Kooperationsgemeinschaft Mammographie (KoopG), bevölkerungsbezogenen MSP-Teilnahmeraten der SE bzw. Brustkrebsinzidenzen der EKR (Benchmarks) schätzen lassen.

Methode: Basierend auf Routinedaten der BARMER aus den Jahren 2010 bis 2015 wurden MSP-Teilnahmeraten und nach der alten Europabevölkerung altersstandardisierte kumulative Brustkrebsinzidenzen für Deutschland, auf Bundeslandebene und auf Kreisebene in Niedersachsen im Zeitraum 2013/14 berechnet. MSP-Teilnahmeraten wurden anhand aller vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 durchgängig versicherten Frauen (n=1.403.252) im Alter von 50-68 Jahren (in 2013) mit und ohne Korrektur (einladungs- bzw. bevölkerungsbezogene Teilnahmeraten) des Nenners für die bundesweite MSP-Einladungsrate in 2013/14 von 95,8% ermittelt. MSP-Teilnehmerinnen wurden als Versicherte mit dem EBM-Code 01750 in 2013/14 definiert. Durchschnittliche jährliche Brustkrebsinzidenzen in 2013/14 wurden anhand aller am 01.01.2013 (n= 4.591.090) bzw. 01.01.2014 (n= 4.615.519) mit dreijähriger Vorlaufzeit versicherten Frauen (Nenner) ermittelt. Inzidente Brustkrebsfälle wurden mittels Algorithmus als Versicherte mit einer Brustkrebsdiagnose in 2013 bzw. 2014 definiert, die in 3 Jahren Vorlaufzeit keine Brustkrebsdiagnose und in 1 Quartal Nachlaufzeit entweder eine zweite Brustkrebsdiagnose aufwiesen oder verstarben. In einem externen Vergleich wurden die Ergebnisse den einladungsbezogenen MSP-Teilnahmeraten der KoopG (Deutschland und Bundesländer), den bevölkerungsbezogenen MSP-Teilnahmeraten der SE (Kreise in Niedersachsen) bzw. den Brustkrebsinzidenzen der EKR (Deutschland, Bundesländer und Kreise in Niedersachsen) gegenübergestellt.

Ergebnisse: Im Zeitraum 2013/2014 lag die anhand von GKV-Routinedaten ermittelte einladungsbezogene MSP-Teilnahmerate in Deutschland bei 56,5% (KoopG: 55,4%). Auf Bundeslandebene war die entsprechende Rate in Sachsen-Anhalt mit 67,9% (KoopG: 65,4%) am höchsten und in Bayern mit 44,0% (KoopG: 48,3%) am niedrigsten. Auf Kreisebene in Niedersachsen wichen die bevölkerungsbezogenen Teilnahmeraten um durchschnittlich 2,0 Prozentpunkte von den Raten der SE ab.

Die ermittelte altersstandardisierte Brustkrebsinzidenz lag in Deutschland bei 129,7/100.000 (EKR: 116,5/100.000). Auf Bundeslandebene war die Inzidenz in Schleswig-Holstein mit 156,5/100.000 (EKR: 131,7/100.000) am höchsten und in Sachsen mit 105,2/100.000 (EKR: 100,3/100.000) am niedrigsten. Auf Kreisebene in Niedersachsen wichen die Brustkrebsinzidenzen um durchschnittlich 17,2/100.000 von den Inzidenzen der EKR ab.

Diskussion: Die anhand von GKV-Routinedaten einer großen Kasse ermittelten MSP-Teilnahmeraten sind mit den Teilnahmeraten der Benchmarks sowohl für Deutschland als auch auf Bundesland- und Kreisebene vergleichbar. Erwartungsgemäß war die Übereinstimmung der altersstandardisierten Brustkrebsinzidenzen mit den Inzidenzen der Benchmarks aufgrund der Algorithmus-basierten Identifizierung inzidenter Fälle und des kleineren Zählers in den GKV-Daten geringer. Inwiefern sich regionale Unterschiede in der MSP-Teilnahmerate und in der Brustkrebsinzidenz anhand von GKV-Routinedaten erklären lassen, wird in einem nächsten Schritt untersucht.

Praktische Implikationen: Da GKV-Routinedaten Informationen sowohl für MSP-Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen als auch für Frauen mit und ohne Brustkrebs enthalten und sich auf regionaler Ebene anhand von GKV-Routinedaten mit Benchmarks vergleichbare MSP-Teilnahmeraten und Brustkrebsinzidenzen schätzen lassen, bieten diese eine potentielle Datenquelle für die Erklärung regionaler Unterschiede in der MSP-Teilnahmerate und in der Brustkrebsinzidenz.