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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Die Bedeutung von Umweltfaktoren in der medizinischen Rehabilitation zur Förderung von Teilhabe. Abschließende Handlungsempfehlungen aus dem Projekt UfaR

Meeting Abstract

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  • Vera Kleineke - Fachhochschule Münster, Fachbereich Gesundheit, Münster
  • Anke Menzel-Begemann - Fachhochschule Münster, Fachbereich Gesundheit, Münster
  • Thorsten Meyer - Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf368

doi: 10.3205/18dkvf368, urn:nbn:de:0183-18dkvf3689

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Kleineke et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Förderung von Teilhabe ist als zentrales Ziel der medizinischen Rehabilitation im Sozialgesetzbuch IX verankert. Im Modell der Funktionsfähigkeit und Behinderung der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) wird eine Wechselwirkung der Teilhabe einer Person mit verschiedenen Faktoren – darunter auch den Umweltfaktoren – beschrieben. Diese Wechselwirkung legt nahe, die Förderung von Teilhabe einer Person auch über die Beeinflussung von Umweltfaktoren im Umfeld der betroffenen Person zu erreichen. Das Projekt UfaR (Die Bedeutung von Umweltfaktoren in der medizinischen Rehabilitation zur Förderung von Teilhabe) hat sich daher unter anderem mit den Fragen befasst, welche Umweltfaktoren bislang in der medizinischen Rehabilitation berücksichtigt werden sowie welche weiteren Umweltfaktoren für das Ziel der Teilhabeförderung in der medizinischen Rehabilitation von Bedeutung sein können und welche Implikationen sich aus den Ergebnissen für die medizinische Rehabilitation ableiten lassen.

Fragestellung: Welche Handlungsempfehlungen lassen sich bezüglich der Berücksichtigung von Umweltfaktoren in der medizinischen Rehabilitation zur Förderung der Teilhabe formulieren?

Methode: Zunächst erfolgte eine umfangreiche Analyse rehabilitationsrelevanter Dokumente. Dabei wurden umweltfaktorbezogene Aspekte extrahiert und den Umweltfaktor-Kodes der ICF anhand eines Linkage-Verfahrens zugeordnet. Anschließend wurden Workshops mit ExpertInnen aus den Bereichen Leistungsträger, Reha-Wissenschaft und Praxis durchgeführt, um die Ergebnisse zu diskutieren. Auf dieser Grundlage wurden in acht Reha-Einrichtungen verschiedener Indikationsgebiete (Orthopädie, Rheumatologie, Onkologie, Kardiologie, Psychosomatik, Neurologie, Stoffwechselerkrankungen, Pneumologie) Gruppendiskussionen mit MitarbeiterInnen durchgeführt, um die Praxisperspektive zu vertiefen. In zwei abschließenden ExpertInnen-Workshops wurden sowohl relevante Handlungsfelder identifiziert als auch Handlungsempfehlungen für Leistungsträger, Reha-Einrichtungen und weitere AkteurInnen formuliert. Die Handlungsempfehlungen wurden thematisch den Kapiteln der ICF-Umweltfaktoren zugeordnet.

Ergebnisse: Die Nutzung von Umweltfaktoren in der medizinischen Rehabilitation ist facettenreich. Trotzdem lassen sich weitere Potenziale benennen, die in den Handlungsempfehlungen deutlich werden. An dieser Stelle soll ein Beispiel dieser Empfehlungen aus dem ersten Kapitel ausgeführt werden, das sich mit Produkten und Technologien befasst: Zum Umgang mit neuen Medien innerhalb der Rehabilitation wurde empfohlen, Informationen zu qualitativ hochwertigen und rehabilitationsrelevanten Gesundheits-Apps und Gesundheitsinformationsseiten auf einer zentralen Plattform, bspw. durch die DRV, für Leistungsträger, -erbringer und -nehmer bereitzustellen. Des Weiteren wurde empfohlen, die Infrastruktur der Reha-Einrichtungen (u.a. Geräte, Internetanschluss, Räumlichkeiten, Personal) so auszurichten, dass Schulungen zur Nutzung von Gesundheitsinformationen und Apps aus dem Internet möglich werde. RehabilitandInnen sollten hierfür eigene Geräte wie Smartphones und Tablets mitbringen können. Die Nutzung in der Rehabilitation sollte dabei mit therapeutischer Begleitung erfolgen und die Angebote sollten in einen Therapieplan – der auch die Nachsorge mitdenkt – eingebunden werden.

Die weiteren Handlungsempfehlungen adressieren u.a. die Notwendigkeit adäquater Arbeitsplatzbeschreibungen (Kapitel 2 „Natürliche und vom Menschen veränderte Umwelt“), die stärkere Einbindung von Angehörigen und dem weiteren sozialen Umfeld in der Behandlung (Kapitel 3 „Unterstützung und Beziehungen“), einen Fokus auf die Kommunikation der eigenen Leistungsfähigkeit gegenüber dem sozialen Umfeld (Kapitel 4 „Einstellungen“) sowie die Möglichkeiten, die sich aus dem neuen trägerübergreifenden Präventionsgesetz zur vermehrten Kooperation aller Beteiligten ergeben (Kapitel 5 „Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze“).

Diskussion und praktische Implikationen: Die Ergebnisse liefern einen Überblick sowohl über die bisherige Berücksichtigung als auch über bisher ungenutztes Potenzial von umweltfaktorbezogenen Ansätzen in der medizinischen Rehabilitation. Aus den Handlungsempfehlungen lässt sich eine Vielzahl von Ansatzpunkten für interventionsbezogene Aktivitäten ableiten. In weiteren Untersuchungen sollte die Perspektive der RehabilitandInnen auf die Bedeutung einzelner Umweltfaktoren und der in den Expertenrunden formulierten Handlungsempfehlungen zur Förderung von Teilhabe ergänzt werden. Daneben sollten die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und Aspekten der Teilhabe systematisch analysiert und mögliche umweltfaktorbezogene Interventionsansätze entwickelt und evaluiert werden.

Literatur bei den AutorInnen.