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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Herausforderungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – Eine BürgerInnenbefragung im Rahmen des Regionalen Innovationsnetzwerkes

Meeting Abstract

  • Britta Magers - Fachhochschule Münster, FB Gesundheit, Münster
  • Lisa Johanna Stahl - Fachhochschule Münster, FB Gesundheit, Münster
  • Anne-Katrin Exner - Fachhochschule Münster, FB Gesundheit, Münster
  • Anke Menzel-Begemann - Fachhochschule Münster, FB Gesundheit, Münster

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf365

doi: 10.3205/18dkvf365, urn:nbn:de:0183-18dkvf3659

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Magers et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Literatur, Zweck der Untersuchung: Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, die zunehmende Komplexität beruflicher Anforderungen, sich wandelnde wandelnde Arbeitsmerkmale, vermehrte chronische und vor allem psychische Erkrankungen, Fachkräftemangel und Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind nur einige Beispiele für Herausforderungen, die die Arbeitswelt aktuell und künftig prägen. Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, die sowohl an regionalen und strukturellen Bedarfen ausgerichtet als auch an individuellen Bedürfnissen orientiert sind und damit Akzeptanz erfahren, gewinnen angesichts notwendiger wirksamer und nachhaltiger Lösungen an Bedeutung. Das 2017 initiierte und vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) des Landes NRW geförderte Regionale Innovationsnetzwerk widmet sich der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben.

Fragestellung: In einem ersten Schritt wurden zunächst BürgerInnen zu den Herausforderungen des Erhalts und der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben angehört und deren Stimmen eingeholt. Dabei stand die Frage im Fokus, welche Herausforderungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ergeben sich aus BürgerInnenperspektive , um tragfähige und regional wirksame Maßnahmen entwickeln zu können.

Methodisches Vorgehen: Im Rahmen einer innerstädtischen Freiluftveranstaltung unter dem Titel „Markt – Meinung – Musik“ wurden BürgerInnen per „Flying Science“ zum Thema „Teilhabe am Arbeitsleben“ befragt. Die Befragenden bewegten sich mit innovativen Befragungsformaten durch die Öffentlichkeit, um (a) Assoziationen, die BürgerInnen mit der Teilhabe am Arbeitsleben verbinden, und (b) Visionen zu der Arbeitswelt in 30 Jahren einzufangen.

Zudem bot sich während einer zehnminütigen Rikschafahrt die Möglichkeit für ein (c) leitfadengestütztes Einzelinterview, um zu erheben, was sich BürgerInnen von ihren ArbeitgeberInnen, KollegInnen, der Politik, der Gesellschaft aber auch von sich wünschen, um bis zur Rente gut und in guter Verfassung arbeiten zu können.

Die Assoziationen (a) (n=43) wurden zu insgesamt 39 Clustern zusammengeführt und diese mittels automatischer Generierung in eine Begriffswolke mit Häufigkeitsrelation überführt. Die Visionen (b) zu der Zukunft der Arbeitswelt (n=31) sowie die Einzelinterviews (c) (n=18) wurden qualitativ inhaltsanalytisch nach Mayring (2010) ausgewertet. Die jeweiligen Kategoriensysteme wurden induktiv auf Basis des Datenmaterials entwickelt.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zu den Assoziationen (a), die BürgerInnen mit „am Arbeitsleben teilhaben“ verbinden, zeigen als am häufigsten genannte Cluster Familienfreundlichkeit (33%), flexible Arbeitszeiten (28%), sich Einbringen (26%) und geregelte Arbeitszeiten (26%).

Bei den Visionen zu der Arbeitswelt in 30 Jahren (b) konnten ergänzend als relevante Aspekte zur Teilhabe am Arbeitsleben u.a. herausgearbeitet werden: Flexibilität, Industrie 4.0, Bildung, Überwachung, Arbeitsmarktentwicklung, Work-Life-Balance, Altersstrukturen.

Die Analysen der Einzelinterviews (c) verdeutlichen die Bedeutung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Die Befragten gaben an, dass diese oftmals nur auf dem Papier bestehe und dass vorhandene Angebote unzureichend und/oder mit finanziellen Einbußen verbunden seien. Daneben standen für die Befragten (präventive) Maßnahmen u.a. zur Vermeidung von Haltungsschäden, zur Unterstützung der Büroarbeit (Augenuntersuchung, Einrichtung Arbeitsplatz, Rückengymnastik) und ein Ansprechpartner im Sinne eines Gesundheitsbeauftragten im Fokus. Des Weiteren konnten als relevante Aspekte identifiziert werden: Flexibilität, Arbeitszeit und -ort, kollegiales Miteinander, Karrieremöglichkeiten, Arbeitgebersicht, Job-sicherheit, Work-Life-Balance, Arbeitsschutz, Individualisierung und Wertschätzung.

Schlussfolgerung und Ausblick: Die Befragung liefert erste wichtige Erkenntnisse über Herausforderungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus der BürgerInnenperspektive und bietet Hinweise für die künftige Entwicklung tragfähiger, regional wirksamer und von den AkteurInnen akzeptierte Maßnahmen. So erscheint die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wichtiges Element zu sein, das es noch intensiver als bisher anzugehen gilt, will man den gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung tragen. Aus den Befragungen lassen sich zudem Forderungen nach präventiven teilhabeförderlichen Maßnahmen ableiten.

Gleichwohl ist es erforderlich, auch mit anderen Zielgruppen wie RehabilitandInnen, pflegenden Angehörigen sowie Kosten- und Leistungsträgern eine ähnliche Befragung durchzuführen, um Herausforderungen der Teilhabe am Arbeitsleben zu identifizieren. Daraus lassen sich aus unterschiedlichen Perspektiven partizipativ die Bedürfnisse ermitteln, um Lösungen und Konzepte zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben gemeinsam zu entwickeln und in die Praxis zu übertragen.