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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Empirische Analyse zu klinischen Medizinprodukte-Studien im Spiegel des Deutschen Registers für Klinische Studien für den Zeitraum von 2008 bis 2016

Meeting Abstract

  • Claus Zippel - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Walcker-Stiftungsprofessur für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten
  • Frank Krummenauer - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie (IMBE), Department für Humanmedizin, Witten
  • Sabine Bohnet-Joschko - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Walcker-Stiftungsprofessur für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf359

doi: 10.3205/18dkvf359, urn:nbn:de:0183-18dkvf3596

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Zippel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Infolge der Medizinprodukte-Rückrufe zu künstlichen Hüftgelenken, Brustimplantaten und implantierbaren Defibrillatoren wurde 2017 eine neue EU-Verordnung für Medizinprodukte zur Stärkung der Patientensicherheit verabschiedet. Die damit für die Marktzulassung und -einführung sowie Langzeitbeobachtung der Produkte verschärften regulatorischen Vorgaben führen dazu, dass klinische Studien von und mit Medizinprodukten eine zunehmend wichtigere Rolle in der klinischen Forschung spielen. Für Deutschland liegen bislang kaum Daten zum Stand bei klinischen Medizinprodukte-Studien und -Prüfungen vor.

Fragestellung: Ziel war es zu untersuchen, wie sich die Situation bei klinischen Medizinprodukte-Studien und -Prüfungen in Deutschland entwickelt hat und wie sich der Status Quo hierzu im Hinblick auf wesentliche organisationale, regulatorische und rekrutierungsbezogene Studien-Charakteristika grundlegend darstellt.

Methode: Hierfür wurden die in das Deutsche Register für Klinische Studien (DRKS) eingetragenen klinischen Medizinprodukte-Prüfungen beispielhaft analysiert. Eingeschlossen wurden alle Einträge zu klinischen Medizinprodukte-Studien, die von 2008 bis 2016 im DRKS registriert wurden. Ausgewertet wurden berichtete Parameter zur Studieninitiierung und -finanzierung, zur Studienart und zum Studiendesign sowie zur Patientenrekrutierung. Die Einträge wurden ferner den Kapiteln der ICD-10-Systematik zugeordnet, um die fokussierten Krankheiten resp. Gesundheitsprobleme zu analysieren. Der Datensatz wurde angesichts der explorativen Natur des Studienziels deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse: Im Studienzeitraum wurden n=830 Medizinprodukte-Studien in das DRKS eingetragen. Die Zahl registrierter Studien wuchs dabei von Jahr zu Jahr. 73% der Studien wurden wissenschafts-seitig initiiert. 61% wurden monozentrisch und 32% multizentrisch durchgeführt, in 7% der Fälle wurde keine Angabe gemacht. 78% der Studien wurden national und 14% international durchgeführt, in 8% erfolgte keine Angabe. 46% der Studien wurden aus Haushaltsmitteln/dem Budget des Studienleiters und 37% Industrie-seitig finanziert; weniger verbreitet war im Analyse-Zeitraum noch die Finanzierung durch öffentliche Förderer. Bei 71% handelte es sich um eine interventionelle und bei 29% um eine nicht-interventionelle Studie. Bei 52% der Datensätze wurde ein therapeutischer Studienzweck genannt, bei 13% ein diagnostischer und bei 6% ein präventiver. Im Mittel wurden 240 Patienten rekrutiert (SD ±1.294), im Median 60. Die meisten Studien fokussierten Krankheiten des Verdauungssystems und des Kreislaufsystems (je 14%), gefolgt von Neubildungen wie etwa Tumore (12%) sowie Krankheiten des muskuloskelettalen Systems und des Bindegewebes (11%).

Diskussion: Diese Auswertung gibt einen ersten Überblick über die bundesweite Situation bei klinischen Medizinprodukte-Studien. Die im Vergleich zu klinischen Arzneimittel-Prüfungen merklich geringere Probandenzahl lässt sich darauf zurückführen, dass klinische Medizinprodukte-Prüfungen primär technisch-funktionelle Aspekte gemäß MPG fokussieren, während klinische Arzneimittel-Studien auf den patientenbezogenen Outcome bzw. Mehrnutzen nach dem AMNOG abzielen (was speziell im zweiten Fall recht hohe Mindest-Fallzahlen bedingt). Methodisch ist einschränkend darauf hinzuweisen, dass der Datensatz nur eine Teilmenge aller initiierten klinischen Medizinprodukte-Prüfungen umfasst und damit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Grund dafür ist, dass der Leiter und Sponsor einer solchen Studie im Berichtszeitraum zur Studienregistrierung und -anzeige nicht zwingend das DRKS adressieren musste.

Praktische Implikationen: Klinische Prüfungen sind ein zentrales Instrument, um die Sicherheit, Wirksamkeit und den Patientennutzen von neuen bzw. bereits im Markt befindlichen Medizinprodukten systematisch zu evaluieren. Diese Evaluation verdeutlicht die Relevanz, die klinische Medizinprodukte-Prüfungen und die damit verbundene Gewinnung von patientenbezogenen Endpunkten mit Nutzen-Bezug für die Patientenversorgung besitzen. Durch die neue EU-Verordnung wird die derzeit im Vergleich zu Arzneimitteln noch geringe Implikation klinischer Prüfungen für den Marktzugang und die Surveillance weiter steigen. Da die hier beleuchtete Branche und „üblichen“ berichteten Studiendesigns als sehr heterogen erkannt wurden, bedarf es weiterer multivariater Evaluationen, so etwa im Sinne von vergleichenden Analysen von Studienpaaren mit ähnlichem Studiendesigns und identischer zugrunde liegender Risikoklassierung des untersuchten Medizinproduktes sowie identischer regulatorischer Aufhängung der Studien (Führung der klinischen Prüfung nach § 23a bzw. 23b MPG).