gms | German Medical Science

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Warum Patienten ihr Krankenhaus nach einer Endoprothese der Hüfte nicht weiterempfehlen – Patientenberichte einer Krankenhausbewertungswebseite

Meeting Abstract

  • Uwe Sander - Hochschule Hannover, Information und Kommunikation, Hannover
  • Christiane Patzelt - Hochschule Hannover, Forschungsverbund Public Reporting, Hannover
  • Benjamin Kolb - Hochschule Hannover, Forschungsverbund Public Reporting, Hannover
  • Cornelia Frömke - Hochschule Hannover, Fakultät III, Abteilung Information und Kommunikation, Hannover
  • Martin Emmert - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Nürnberg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf335

doi: 10.3205/18dkvf335, urn:nbn:de:0183-18dkvf3359

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Sander et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im patientenzentrierten Gesundheitswesen wird die Patientenzufriedenheit immer wichtiger und im Wettbewerb ist die Weiterempfehlung ein Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung von Krankenhäusern. Soziale Medien können verwendet werden, um Gründe für Patientenzufriedenheit besser zu verstehen. Die endoprothetische Versorgung der Hüfte ist die effektivste Behandlung, um die gesundheitlichen Beeinträchtigungen für Menschen im Endstadium einer Hüftarthrose zu reduzieren. Dennoch sind 7% bis 15% der Patienten nach der Operation unzufrieden. Gründe für Zufriedenheit sind: postoperative Funktionalität und Schmerzfreiheit, keine Gehbehinderung, Schmerzmanagement im Krankenhaus, Verhalten der Pflegekräfte und Orthopäden, Erfüllung von Patientenerwartungen Patientenaufnahme, Pflege und medizinische Behandlung, Länge des Aufenthaltes, Behandlungsergebnis, Thromboseprophylaxe und Wissen über das Spezialgebiet des Orthopäden.

Fragestellung: Wie ist der Zusammenhang zwischen negativen Aussagen in Patientenberichten einer Krankenhausbewertungswebseite und der Nicht-Weiterempfehlung eines Krankenhauses nach einer endoprothetischen Hüftoperation?

Methode: Im März 2016 wurden von klinikbewertungen.de 1165 Berichte von Patienten nach einer endoprothetischen Hüftoperation aus den Jahren 2011 bis 2016 extrahiert und 180 Berichte zu 305 Krankenhäusern zufällig ausgewählt. Die Berichte wurden qualitativ inhaltsanalytisch (deduktiv-induktiv Vorgehen) ausgewertet. In einem folgenden purposeful sampling wurden weitere 77 Berichte von nicht-empfehlenden Patienten hinzugezogen. Es erfolgte die Bestimmung der Stärke der Korrelation zwischen negativen Aussagen in Patientenberichten und der Nicht-Weiterempfehlung.

Ergebnisse: Es entstanden 17 Kategorien für negativen Aussagen (mindestens zehn Mal genannt). Für alle 17 Kategorien ergab sich ein signifikanter (p-Werte 16 x < 0,001, 1 x 0,045) Zusammenhang (ϕ- Koeffizient min. 0,134 und max. 0,657) zwischen der negativen Aussage und der Nicht-Weiterempfehlung. Beispiele: Medizinische Beratung: 59 von 63 Patienten, die das Thema negativ erwähnten, empfahlen das Krankenhaus nicht, ϕ=0,657. Verhalten der Ärzte: 54 Berichte mit negativen Aussagen, davon 53 Nicht-Weiterempfehlung, ϕ 0,643. Krankenhausaufenthalt: 53/48, ϕ=0,555. Komplikationen: 39/38, ϕ=0,555. Behandlung nach Krankenhausaufenthalt: 25/25, ϕ=0,422. Verhalten der Pflegekräfte: 30/28, ϕ=0,417. Gehfähigkeit: 22/22 Nicht-Weiterempfehlung, ϕ=0,393. Aufenthaltsdauer: 10/9, ϕ=0,217. Verhalten der Physiotherapeuten: 10/7, ϕ=0,134.

Diskussion: Dies ist die erste Studie, welche den Zusammenhang von negativen Aussagen in Patientenberichten mit der Nicht-Weiterempfehlung eines Krankenhauses nach einer endoprothetischen Hüftoperation herstellt. Ein Vergleich mit veröffentlichten Ergebnissen anderer Patientenzufriedenheitsuntersuchungen bei dieser Patientengruppe (siehe oben) zeigt eine überwiegende Übereinstimmung der Ergebnisse sowohl bezüglich der genannten Themen wie auch bezüglich des Zusammenhangs mit Zufriedenheit. Allerdings fanden wir einige zusätzliche Themen, deren Zusammenhang mit Zufriedenheit bislang nicht berichtet wurde. Beispiele hierfür sind die Themen „Behandlung nach dem Krankenhausaufenthalt“ und “Krankenhausentlassung”. Sie verweisen darauf, dass TEP-Patienten in Deutschland die Phase nach dem Krankenhausaufenthalt für die Weiterempfehlung eines Krankenhauses einbeziehen. Diese poststationäre Phase kann zumindest teilweise vom Krankenhaus initiiert oder beeinflusst werden. Ein weiteres bislang nicht berichtetes Thema ist die „Behandlung nach der Operation“. Dies verweist auf die Bedeutung der kurzen Phase nach der Operation, in der Probleme mit der Wundversorgung und mit Unterstützungsangeboten auftreten können. Zudem zeigte unsere Studie erstmalig, dass neben der Einschätzung des Verhaltens von Ärzten und Pflegekräften auch die von Physiotherapeuten und weitere Berufsgruppen die Weiterempfehlung eines Krankenhauses beeinflussen.

Praktische Implikationen: Endoprothetisch tätige Krankenhäuser können die Erkenntnisse nutzen, um Maßnahmen der Qualitätsverbesserung auch auf die Phase direkt nach der OP und nach dem Krankenhausaufenthalt zu fokussieren. Auch das Verhalten von Physiotherapeuten und weiteren Berufsgruppen sollte Ziel der Qualitätsverbesserung sein. Berichte von TEP-Patienten in den sozialen Medien können verwendet werden, um Aspekte der Struktur- Prozess- und Ergebnisqualität zu erkennen. Sie erweitern die Erkenntnisse, welche Themen zu Unzufriedenheit führen, und sind zudem vergleichsweise aufwandsarm zu gewinnen.