gms | German Medical Science

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Der Einfluss von sozio-ökonomischen und -strukturellen Bedingungen der Wohnregion auf das Risiko der Schwerhörigkeit und Taubheit – Eine Untersuchung basierend auf Daten der Allgemeinen Ortskrankenkassen

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Daniel Kreft - Universität Rostock, Rostocker Zentrum zur Erforschung des demografischen Wandels, Rostock
  • Gabriele Doblhammer - Universität Rostock, Lehrstuhl für Empirische Sozialforschung und Demografie, Rostock

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf332

doi: 10.3205/18dkvf332, urn:nbn:de:0183-18dkvf3327

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Kreft et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Schwerhörigkeit und Taubheit sind schwerwiegende Einschränkungen sowohl der individuellen Lebensqualität und der kognitiven Gesunderhaltung als auch der innerfamilären und gesellschaftlichen Teilhabe. Eine Erforschung der Risikofaktoren ist daher von zentraler Bedeutung, um vorausschauende Gesundheitsmaßnahmen einzuleiten, die auf eine Reduzierung oder fokussierte Versorgung abzielen.

Fragestellung: In der Studie soll mit Hilfe von Krankenkassendaten der Einfluss der sozio-ökonomischen und -strukturellen Bedingungen der Wohnregion auf das Risiko der Schwerhörigkeit und des Hörverlusts untersucht werden.

Methode: Die Studie basiert auf ambulanten und stationären Diagnosedaten, demografischen Patientenstammdaten und Behandlungsdaten für eine Stichprobe von 250.000 Versicherten der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) im Alter 50+. Die Daten liegen quartalspezifisch und nach Postleitzahlregionen getrennt für einen Beobachtungszeitraum von 2010 bis 2013 vor. Diese Individualdaten werden mit amtlichen Regionaldaten (verfügbares Einkommen der privaten Haushalte, Einwohnerdichte) verknüpft. Es werden Cox-Regressionsmodelle zur Einschätzung der Risikofaktoren auf die Inzidenz von Schwerhörigkeit und Taubheit (ICD-10-Codes H90, H91 und H93.0) berechnet.

Ergebnisse: Erwartungsgemäß zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Inzidenz von Schwerhörigkeit mit steigendem Alter. So ist das Risiko der Schwerhörigkeit 4,26-mal (p < 0,001) so hoch bei Personen im Alter 90+ im Vergleich zu Personen im Alter 50-54. Frauen haben ein 15-mal (p < 0,001) geringeres Risiko als Männer. Multimorbide Personen (3+ schwerwiegende Erkrankungen) haben ein 66% (p < 0,001) höheres Risiko als Personen ohne schwerwiegende Erkrankungen. Deutlich geringer, jedoch signifikant sind die Einflüsse der Wohnregionsmerkmale. Personen in dicht besiedelten Regionen haben ein 8% (p=0,001) höheres Risiko als Personen in ländlichen Regionen. Ein 9% geringeres Risiko (p < 0,001) der Schwerhörigkeit haben Personen in wohlständischen Regionen im Vergleich zu Personen in ärmeren Regionen.

Diskussion: Individuelle Merkmale sind die größten Einflussfaktoren auf die Schwerhörigkeit. Jedoch zeigt sich, dass darüber hinaus auch die sozio-ökonomischen und -strukturellen Bedingungen der Wohnregion als Faktoren von gesundheitlicher Ungleichheit eine Rolle spielen.

Praktische Implikationen: Die gefundenen Unterschiede können als Indizien unterschiedlicher Versorgungsstrukturen gedeutet werden. Und auch, wenn die regionalen Unterschiede geringer als z.B. bei der Demenz oder dem Pflegebedarf sind, so zeigen die Ergebnisse doch, dass auch bei der Schwerhörigkeit vor allem Personen in ärmeren und ländlichen Regionen verstärkt präventiver und kurativer medizinischer Maßnahmen bedürfen.