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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Elterliche Zahlungsbereitschaft für die Prävention von Übergewicht und Adipositas im Setting Kindergarten

Meeting Abstract

  • Romy Lauer - Universität Ulm, Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Ulm
  • Lina Hermeling - Universität Ulm, Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Ulm
  • Anne Kelso - Universität Ulm, Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Ulm
  • Jürgen Steinacker - Universität Ulm, Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Ulm
  • Dorothea Kesztyüs - Universität Ulm, Institut für Allgemeinmedizin, Ulm

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf322

doi: 10.3205/18dkvf322, urn:nbn:de:0183-18dkvf3224

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Lauer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Zahlungsbereitschaft kann im Bereich von Präventions- und Gesundheitsförderprogrammen als Schwellenwert für Kosten-Effektivitätsanalysen genutzt werden. Untersuchungen hierzu sind jedoch selten, vor allem im Bereich der Prävention von Übergewicht und Adipositas bei Kindergartenkindern.

Fragestellung: Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die elterliche Zahlungsbereitschaft für die Reduktion der Inzidenz von Übergewicht und Adipositas im Kindesalter in einer Gruppe von Kindergartenkindern aus Südwest-Deutschland zu untersuchen.

Methoden: Querschnittsdaten von Kindern zwischen drei und fünf Jahren sowie ihren Eltern wurden in der „Gesundheitsstudie“, einer Evaluationsstudie des Gesundheitsförderprogramms „Komm mit in das gesunde Boot“, im Herbst 2016 erhoben. Anthropometrische Daten der Kinder wurden von geschultem Personal erfasst, während Eltern Angaben zu ihren Körpermaßen, soziodemographischen und gesundheitsrelevanten Variablen in Fragebögen machten. Eltern wurden gefragt, ob sie generell bereit wären, etwas für die Halbierung der Inzidenz von Übergewicht und Adipositas bei Kindern zu bezahlen (generelle Zahlungsbereitschaft, ja/nein). Eltern, die dies bejahten, wurden nach der Höhe der monatlichen Zahlungsbereitschaft gefragt (offene Frage). Mann-Whitney-U Tests und Fisher‘s exact Tests untersuchen Gruppenunterschiede zur generellen Zahlungsbereitschaft (α=0,05). Eine logistische Regressionsanalyse wurde zudem durchgeführt.

Ergebnisse: Daten für die generelle Zahlungsbereitschaft lagen für 708 Probanden vor. Generell waren 46,6% der befragten Eltern zahlungsbereit und würden monatlich 32,09€ zahlen (Median=20,00€, IQR=40, n=294). Bivariate Analysen ergaben, dass Eltern, die Übergewicht und Adipositas als Problem ansehen, Eltern mit einem höheren Haushaltseinkommen, Väter die zuhause bleiben um auf ihr krankes Kind aufzupassen, Väter die übergewichtig und adipös und abdominal adipös sind, und Mütter mit einer höheren Wochenarbeitszeit signifikant häufiger zahlungsbereit waren (p < 0,05). Es gab keine Assoziationen mit dem kindlichen Gewichtsstatus, Migrationshintergrund und elterlichem Bildungsniveau. Die Regressionsanalyse zeigt, dass die generelle Zahlungsbereitschaft mit Vätern die zuhause bleiben um auf ihr krankes Kind aufzupassen, adipösen Vätern und der wöchentlichen Arbeitszeit der Mütter korreliert (n=399, Nagelkerkes R2 =0,058).

Diskussion: Die hohe generelle Zahlungsbereitschaft der Eltern für die Prävention von Übergewicht und Adipositas sowie der relativ hohe Betrag, den Eltern bereit wären dafür zu zahlen, reflektieren das Bewusstsein der Eltern gegenüber dieser Problematik. Arbeitszeit-relevante Faktoren wie die Arbeitsstunden der Mütter und der Arbeitsausfall der Väter, um auf das kranke Kind aufzupassen sowie das Haushaltseinkommen, korrelieren mit der generellen Zahlungsbereitschaft. Der Gewichtsstatus des Vaters, allerdings nicht der der Mutter, korreliert ebenfalls. Überraschenderweise gab es keine Assoziationen mit kindlichem Gewichtsstatus und weiteren sozio-ökonomischen Faktoren. Diese Ergebnisse sollten in Längsschnittstudien untersucht werden und können wichtige Erkenntnisse für die Planung von zukünftigen Maßnahmen bieten. Querschnitts-Ergebnisse desselben Gesundheitsförderprogramms für Grundschulkinder ergaben eine ähnliche generelle Zahlungsbereitschaft von 48.8% und einen monatlichen Betrag von €23.04 (99% Konfidenzinterval [22.45; 23.75], n=710). Allerdings waren hier Eltern von übergewichtigen Kindern und Kindern mit Migrationshintergrund, übergewichtige Mütter und Familien mit einem höheren Haushaltseinkommen signifikant häufiger zahlungsbereit. Ein Vergleich mit ähnlichen Studien ist aufgrund deren geringer Präsenz schwierig, jedoch kann die Zahlungsbereitschaft ein wichtiges Maß für Kosten-Effektivitätsanalysen bieten.

Praktische Implikationen: Die hohe Zahlungsbereitschaft der Eltern von Kindergartenkindern sollte politische Entscheidungsträger dazu bewegen, dies in landesweite Maßnahmen umzusetzen. Beide Elternteile sollten in diese Interventionen einbezogen werden.

Die „Gesundheitsstudie“ wurde von der Baden-Württemberg Stiftung finanziert. Diese hatte keinen Einfluss auf den Inhalt oder die Ergebnisse dieser Untersuchung.