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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Versorgungsforschung im Praxisalltag – Querschnittstudie zur Aufgabenteilung bei der Durchführung von Versorgungsstudien in der Primärversorgung

Meeting Abstract

  • Karola Mergenthal - Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main
  • Sylvia Schulz-Rothe - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main
  • Andrea Siebenhofer - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main
  • Ferdinand M. Gerlach - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main
  • Juliana J. Petersen - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf247

doi: 10.3205/18dkvf247, urn:nbn:de:0183-18dkvf2477

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Mergenthal et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mit einer frühzeitigen Einbindung des gesamten Praxisteams in hausärztliche Versorgungsstudien lassen sich Praxisabläufe verbessern und dadurch die Patientenrekrutierung und Studienzielerreichung optimieren. Oft erhalten die Praxisteams zum Studienstart durch die jeweilige Forschungseinrichtung eine Einweisung in die Durchführung und Abläufe der Studie. Bislang ist unklar, wie genau die Praxisteams unter Alltagsbedingungen die Aufgabenteilung bei der Rekrutierung und Durchführung von Versorgungsstudien gestalten.

Fragestellung: Welches Teammitglied der Hausarztpraxis übernimmt welche Aufgaben bei der Durchführung von Versorgungsstudien, nachdem eine vor-Ort-Einweisung in die Studienabläufe stattgefunden hat?

Methode: Diese Querschnittstudie war eingebettet in eine prospektive Kohortenstudie. Die Datenerhebung erfolgte zu Studienbeginn mittels eines Fragebogens für die Teilnehmer (Medizinische Fachangestellte (MFA) und Hausärzte). Der Fragebogen für die MFA umfasste 21 Fragen u. a. zur Arbeitszufriedenheit, Einschätzung ihres Anteils an der Versorgung der Patienten, sowie soziodemographische Daten. Zusätzlich gaben die MFA an, ob ihre Praxis in den letzten 5 Jahren an einer Studie (einschließlich einer Einweisung in die Studienabläufe durch die Forschungsinstitution) teilgenommen und wer bei der Umsetzung welche Aufgaben übernommen hat. Es folgte eine Auflistung von 13 möglichen Aufgaben, die im Rahmen einer Studie in der Praxis anfallen können, jede mit einer kleinen Erklärung versehen (z.B.: „Liste aus Praxis-Software heraus erstellen (zu Einschlusskriterien wie Alter, bestimmte Diagnosen, bestimmte medikamentöse Therapien o.ä.“; oder „Kohortenpflege. Patienten motivieren, an der Studie teilzunehmen bzw. bis zum Ende der Studie durchzuhalten“). Die Antwortkategorien waren „ich selbst“, „eine andere MFA“, „der Arzt“ oder „nicht bekannt/trifft nicht zu“. Mehrfachnennungen waren möglich. Im Auswertungsprozess fassten wir die Kategorien zusammen in: „nur durch MFA ausgeführt“, „vom Arzt und MFA ausgeführt“, „nur vom Arzt“ ausgeführt“ und „nicht bekannt/trifft nicht zu“. Die Auswertung erfolgte deskriptiv mithilfe des Statistikprogramms SPSS.

Ergebnisse: 118 (49%) der 240 teilnehmenden MFA aus 48 (von 77) Hausarztpraxen gaben an, dass in ihrer Praxis schon einmal eine entsprechende Studie durchgeführt wurde. Nach Angaben der Teilnehmer waren die Aufgaben der MFA überwiegend die Vereinbarung von Terminen mit Patienten (81%), Austeilen und Einsammeln von Patientenfragebögen (74%), eingeschlossene Patienten der Studienzentrale melden (66%), von Patienten Einverständniserklärung unterschreiben lassen (59%) oder Einladungsschreiben an Patienten versenden (55%). Weitere Aufgaben, die auch mehrheitlich von MFA übernommen wurden, waren das Ausfüllen von Fragebögen über die Patienten (50%), die Kommunikation mit der Studienzentrale (49%), Sicherstellen, dass das Studienprotokoll allen bekannt war, Patienten-Listen aus der Praxis-Software generieren (je 44 %) sowie den Patienten die Studienhintergründe erklären (40%). Für die Kohortenpflege gaben die Befragten an, dass dies in 32% der Fälle durch MFA und 31% der Fälle durch Arzt und MFA gemeinsam, in 14% der Fälle durch den Arzt alleine übernommen wurde.

Aufgaben, wie die Überprüfung der Ein- und Ausschlusskriterien und das Führen von Aufklärungsgesprächen war in jeweils 30 % der Angaben rein ärztliche Tätigkeiten. In 21 % (Überprüfung der Ein- und Ausschlusskriterien) bzw. 26% (Aufklärungsgespräche führen) der Angaben hatten Arzt und MFA dies zusammen durchgeführt; in 29 % (Überprüfen der Ein- und Ausschlusskriterien) bzw. 28% (Aufklärungsgespräche führen) der Fälle war dies Aufgabe der MFA.

Diskussion: Insgesamt zeigte sich, dass in vielen hausärztlichen Praxen die MFA bei der Durchführung von Versorgungsstudien einen Großteil der (administrativen) Aufgaben übernommen haben. Obwohl alle Einverständniserklärungen vom Arzt unterschrieben wurden, scheint ein Teil der Informationsvermittlung und Aufklärungsarbeit über die MFA zu laufen.

Praktische Implikationen: Die Einweisung in die Studienprozesse zu Studienbeginn vor Ort in den Hausarztpraxen scheint eine förderliche Maßnahme zu sein, um das gesamte Praxisteam in die Abläufe bei Versorgungsstudien einzubinden, eine effektive Arbeitsteilung zu ermöglichen und damit die Patientenrekrutierung sowie Studienzielerreichung zu gewährleisten. Ärzte und MFA benötigen dafür eine Basisschulung in „Good Clinical Practice“ (GCP – Gute klinische Praxis), um die ethischen und wissenschaftlichen Regeln bei der Durchführung von Versorgungsstudien einhalten und damit die Qualität der Studienergebnisse gewährleisten zu können.