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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

IMPROVEjob – Partizipative Intervention zur Verbesserung des psychischen Befindens von Arztpraxisteams: Vorstellung des Forschungsverbundes

Meeting Abstract

  • Esther Rind - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen
  • Christine Kersting - Universitätsklinikum Essen, Institut für Allgemeinmedizin, Essen
  • Annegret Dreher - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Hausarztmedizin, Bonn
  • Birgitta Weltermann - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Hausarztmedizin, Bonn
  • Monika A. Rieger - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf243

doi: 10.3205/18dkvf243, urn:nbn:de:0183-18dkvf2433

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Rind et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Untersuchungen zeigen, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen, z.B. in Hausarztpraxen, besonders stark von chronischem Stress betroffen sind. Modifizierbare Stressoren sind u.a. mangelnde Führung, ineffiziente Arbeitsabläufe, unzureichende Kommunikation sowie ein Mangel an Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Im inter- und transdisziplinären Forschungsverbund adressieren verschiedene medizinische, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Fachgebiete unter enger Einbeziehung der Zielgruppe das Thema “Psychische Gesundheit für Beschäftigte in Hausarztpraxen“. Das Vorhaben steht modellhaft auch für andere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in sozialen Dienstleistungsbereichen.

Fragestellung/Zielsetzung: Das Ziel der IMPROVEjob-Studie ist es, am Modell Hausarztpraxis einen neuartigen multimodalen Ansatz zur Verhältnis- und Verhaltensprävention psychischer Belastungen am Arbeitsplatz partizipativ zu entwickeln, hinsichtlich der Wirksamkeit zu untersuchen und Transferoptionen in andere KMU zu evaluieren.

Methode: Das Verbundvorhaben wird vom BMBF gefördert und an vier Universitäten bzw. Universitätskliniken bearbeitet. Die partizipative Entwicklung der komplexen Intervention besteht aus vier eng verzahnten Teilprojekten (TP 1 - 4) und folgt dem Phasenmodell für die Entwicklung und Evaluation von komplexen Interventionen (Campbell et al. 2000).

TP 1: Analyse KMU-spezifischer Belastungen in fünf Hausarztpraxen mittels ethnographischer Methoden (teilnehmende Beobachtung), Einzelinterviews und Fokusgruppengespräche im Hinblick auf die Aspekte Führung, Kommunikation und Arbeitsschutz. Im Rahmen einer quantitativen Arbeitsablaufanalyse werden Modelle und Methoden entwickelt, die für Analysen, Simulationen und Optimierungen einsetzbar sind, um Entscheidungen in verschiedenen Anwendungsbereichen zu unterstützen (z.B. bei der Terminvergabe in Hausarztpraxen).

TP 2: Partizipative Entwicklung von Setting-spezifischen Lösungsansätzen

(IMPROVEjob-Intervention) unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus TP1 und Durchführung einer Machbarkeitsstudie in sechs Hausarztpraxen zur Vorbereitung der Cluster-randomisierten kontrollierten Studie (cRCT).

TP 3: Evaluation der Wirksamkeit in einer zweiarmigen cRCT in 56 Hausarztpraxen (1:1-Randomisierung in Interventions- und Kontrollgruppe). Das primäre Outcome zur Bemessung der Wirksamkeit der Intervention ist die Arbeitszufriedenheit der Praxismitarbeitenden.

TP 4: Dissemination der Intervention in weitere Arztpraxen und Evaluation von Transferoptionen in andere KMU.

Ergebnisse: Die quantitativen sowie qualitativen Datenerhebungen in TP 1 werden aktuell durchgeführt. Im Anschluss werden die Ergebnisse analysiert und im Forschungsverbund diskutiert. Die Ergebnisse aus TP 1 werden zur Entwicklung der Intervention beitragen sowie bei der Planung der Machbarkeitsstudie als Basis für die cRCT in TP 2 und TP 3 berücksichtigt.

Diskussion: Die inhaltlichen Säulen und Querschnittsthemen der interdisziplinären und transdisziplinären Zusammenarbeit wurden im Verbund gemeinsam entwickelt. Dies ist von besonderer Bedeutung für Umsetzung und Weiterentwicklung des transdisziplinären Forschungsprozesses. Hierbei kommt den externen Verbundmitgliedern (wissenschaftlicher Beirat und Forschungsbegleitkreis) eine besondere Bedeutung zu. Der Beirat setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die einen wissenschaftlichen Hintergrund haben und/oder im Feld Arbeitsschutz/ Arbeitsgestaltung bzw. Gesundheitsförderung tätig sind (z.B. bei der IHK, Ärztekammer, Krankenkasse). Der Forschungsbegleitkreis setzt sich aus Hausärzten und Hausärztinnen sowie Medizinischen Fachangestellten zusammen und bringt sich v.a. praxisorientiert ein, z.B. bei Fragen hinsichtlich des Designs und der Umsetzung der Interventionen in den Hausarztpraxen. Die Verknüpfung von wissenschaftlicher und praktischer Expertise ist Voraussetzung für die transdisziplinäre Zusammenarbeit und spielt eine herausragende Bedeutung für partizipative Bearbeitung der vier Teilprojekte.

Praktische Implikationen: Es wird erwartet, dass das Vorhaben mittelbar positive Effekte in den betrachteten KMU (Arztpraxen, sozialer Dienstleistungsbereich, andere Branchen) haben wird, so dass es zur Prävention psychischer Belastungen und damit Fachkräftesicherung beiträgt. Aus dem inter- und transdisziplinären Forschungsprozess werden Erkenntnisse für die künftige Gestaltung entsprechender Forschungsprojekte unter Einbindung von Praxispartnern gewonnen.