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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

isPO – Evaluation einer komplexen psychoonkologischen Intervention

Meeting Abstract

  • Imke Jenniches - Universität zu Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln
  • Natalia Cecon - Universität zu Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln
  • Sandra Salm - Universität zu Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln
  • Nadine Scholten - Universität zu Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln
  • Holger Pfaff - Universität zu Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln
  • Antje Dresen - Universität zu Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf240

doi: 10.3205/18dkvf240, urn:nbn:de:0183-18dkvf2402

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Jenniches et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Jährlich erkranken rund 500.000 Menschen in Deutschland neu an Krebs. Davon leiden nahezu 50 % unter Ängsten und Depressionen [1]. Mit dem Projekt „isPO - integrierte, sektorenübergreifende Psychoonkologie“ soll innerhalb von vier Jahren ein strukturiertes, bedarfsgerechtes Programm zur psychoonkologischen Versorgung entwickelt und implementiert werden. Das vom Innovationsfond des G-BA geförderte Projekt gilt als neue Versorgungsform und setzt sich zum Ziel, Ängste und Depressionen von Krebspatienten innerhalb des ersten Jahres nach Krebs-Erstdiagnose zu verringern. Hierzu sollen 3.484 Patienten unter Einsatz von Früherkennungsinstrumenten gestuft psychosozial und psychoonkologisch versorgt werden.

Fragestellung: Die Qualität und Wirksamkeit der Patientenversorgung, die Übertragbarkeit sowie der Implementierungsprozess selbst werden extern evaluiert. Als primärer patientenorientierter Endpunkt dient die klinisch signifikante Reduktion von Angst und Depression nach 12 Monaten anhand der „hospital anxiety and depression scale“ (HADS). Sekundär werden weitere Qualitätsmerkmale sowie die Stärken und Schwächen des Programms für die Implementierung in die alltägliche Versorgungspraxis bewertet. Hierbei werden die organisationalen und personellen Barrieren und Förderfaktoren der Implementierung identifiziert.

Methode: Dem Evaluationskonzept liegt das Medical Research Council (MRC)-Framework zur Analyse und Bewertung komplexer Interventionen zu Grunde [2]. Hieraus ergibt sich eine dreigliedrige Evaluationsausrichtung in prospektiver, formativer und summativer Hinsicht. Der primäre Outcome Parameter, die Reduktion von Angst und Depression, wird in einem quasi-experimentellen Design mit Vergleich von Kontroll- und Interventionsgruppe auf Basis des „regression discontinuity design“ [3] untersucht. Zur Analyse der komplexen Zusammenhänge innerhalb von isPO findet zudem ein Mixed–Methods-Design aus Dokumenten- und Sekundärdatenanalysen (u.a. GKV-Routinedaten), postalischen Befragungen, Fokusgruppen und leitfadengestützten Interviews Anwendung.

Ergebnisse: In der prospektiven Evaluation, die im September 2018 abgeschlossen ist, wird zunächst die Relevanz und Übertragbarkeit des isPO-Programms vor dessen programminterner Implementierung bewertet. Hierbei wird das Versorgungskonzept mit den festgelegten Kernleistungen (Leitlinien) abgeglichen und das SOP-Manual, die Versorgungspfade und das IT-gestützte Dokumentationssystem auf Konsistenz und Nutzbarkeit überprüft. Zur umfassenden Bewertung werden die Ergebnisse der Dokumentenanalysen mit den Erkenntnissen aus einer Experten - Fokusgruppe zusammengeführt.

Diskussion: Die Ergebnisse und Erkenntnisse der prospektiven und formativen Evaluation werden in den Prozess zurückgespiegelt und dienen somit der kontinuierlichen Optimierung des isPO-Programms. Zudem bieten sich neben der Entwicklung und Implementierung eines strukturierten Versorgungsprogramms Möglichkeiten, aus den Prozessen dieses vielschichtigen und sektorenübergreifenden Projektes Erkenntnisse für die Evaluations- und Netzwerkforschung zu gewinnen.

Praktische Implikation: Das Projekt isPO setzt die Forderung des Nationalen Krebsplans und der S3-Leitlinie zur psychoonkologischen Diagnostik, Beratung und Behandlung um. Durch koordinierte, individualisierte psychoonkologische Unterstützung und Patienteninformationen sollen die psychischen Beanspruchungsreaktionen von Krebspatienten reduziert werden. Im Erfolgsfall wird ein psychoonkologisches Versorgungsprogramm für die integrierte, sektorenübergreifende Versorgung von Patienten bereitgestellt, welches in die Regelversorgung übernommen werden kann.


Literatur

1.
Kusch M, Labouvie H, Hein-Nau B. Klinische Psychoonkologie. Heidelberg: Springer; 2013.
2.
Moore GF, Audrey S, Barker M, Bond L, Bonell C, Hardeman W, Moore L, O'Cathain A, Tinati T, Wight D, Baird J. Process evaluation of complex interventions: Medical Research Council guidance. BMJ. 2015 Mar;350:h1258.
3.
Moscoe E, Bor J, Bärninghausen T. Regression discontinuity designs are underutilized in medicine, epidemiology, and public health: a review of current and best practice. J Clin Epidemiol. 68:122-133.