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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Patienten-Empowerment durch MoNuMENT: Monitoring of Nutrition and Medical conditions for Evaluation of Needs and Therapy – am Beispiel von Patienten mit Rheumatoider Arthritis

Meeting Abstract

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  • Monika Sinha - MoNuMENT Verbund – Charité und SINHA – Beratung im Gesundheitswesen, Charité Abt. Rheumatologie Bioinformatik und Beratung, Berlin
  • Thomas Häupl - Charité, Rheumatologie AG Bioinformatik, Berlin

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf204

doi: 10.3205/18dkvf204, urn:nbn:de:0183-18dkvf2045

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Sinha et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland verfügt über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Der jüngst veröffentlichte „Nationale Aktionsplan – Gesundheitskompetenz“ (NAP) benennt 15 Handlungsfelder, mit denen eine Verbesserung der Gesundheitskompetenz der Bürger erreicht werden kann. Gemäß des salutogenetischen Genesungsmodells trägt der Patient mit seinen physischen, psychischen und sozialen Ressourcen wesentlich zu seiner effektiven Krankheitsbewältigung bei. Laut NAP sollten chronisch Kranke ihre Selbstmanagement- und Partizipationsfähigkeiten stärken, frühzeitig Verschlechterungen erkennen, darüber mit Vertrauenspersonen und Gesundheitsprofessionen sprechen und ihre Krankheitsfolgen im Alltag meistern können. Gerade bei dem ätiologisch unklaren Krankheitsbild der Rheumatoiden Arthritis (RA) mit seinen wechselnden immunsuppressiven Therapien und der lebenslangen Abhängigkeit von medizinischer Versorgung ist dies eine große Herausforderung: Das erfolgreiche patientenseitige Management von Schmerzen, Steifigkeit, Erschöpfung, Schlafproblemen, negativer Stimmungslage u. ä. Stressoren im Alltag stärkt die Selbstmanagementfähigkeiten.

Hier können mobile digitale Anwendungen zur Komplementär- insbesondere Ernährungsmedizin mit empirisch fundierten Feedbacks an den Patienten eine Schlüsselrolle für das Patienten-Empowerment spielen.

Fragestellung: Inwiefern kann der RA Patient durch tägliches, wissenschaftlich belegtes strukturiertes Monitoring seiner Ernährung, seiner Arzneimitteleinnahme und seines psychosozialen Befindens direkt seine Krankheitsaktivität, seine Funktionalität im Alltag, seine gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Arzneimittelkosten beeinflussen?

Methode: Mit dem MoNuMENT Verbund sollen digital interessierte RA Patienten auf einer nutzerfreundlichen gesicherten Oberfläche in wissenschaftlich belegter strukturierter Form individuelle Daten erfassen: 1. zur Ernährung 2. zur Arzneimitteleinnahme in standardisiertem Medikationsplan und 3. Mit Hilfe wissenschaftlich belegter Assessments zur Funktionalität, zur Schmerz- und Gesundheitseinschätzung.

Zur Nutzung in der Versorgung werden die Verlaufsdaten vom Patienten kontrollierbar auf einem zentralen Server gesammelt, vom behandelnden Arzt mit den objektiven Untersuchungsparametern ergänzt, von einem telemedizinischen Kompetenzzentrum ausgewertet und schließlich dem Patienten sowie dem behandelnden Arzt zur Verfügung gestellt.

Auf der anonymisierten Datenbasis sind vielfältige Effektanalysen der Therapieoptimierungen wie Ernährungsanpassungen, Medikationsänderungen, des psychosozialen Befindens auf die Krankheitsaktivität, die Funktionalität, gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie auf die Kosten der Arzneimittelversorgung möglich.

Ergebnisse: In einer Pilotuntersuchung konnten Grundlagen aufgebaut werden, die eine Strukturierung der zu erhebenden Daten ermöglicht und die zeigt, dass Krankheitseinschätzungen nicht nur von medikamentösen Maßnahmen abhängig sind sondern auch deutlich durch Ernährung beeinflusst werden. Diese Änderungen sind häufig und auch gezielt auslösbar und werden durch die bislang gepflegte Betreuungspraxis nicht erfasst. Darmentleerung und Fasten zeigten innerhalb von 10 Tagen bei 7 von 20 Patienten eine gute, bei 9 eine moderate und nur bei 4 eine unzureichende Responserate nach EULAR Kriterien. Objektiviert wurden diese Befunde neben CrP, Blutsenkung und Gelenksymptomen auch durch einen Rückgang insbesondere der phagozytären Reaktion der Entzündung (PMID 29191820). Mit MoNuMENT wird auch der Abgleich mit den subjektiven Feedbacks des Patienten auf Basis validierter Scores zu seinen Beschwerden möglich. Im weiteren Verlauf seiner Krankheitsbewältigung wirken Zuckervermeidung und eine mediterrane und pflanzenbasierte Kost entzündungshemmend. Über diese Ernährung und die Beeinflussung der Mikrobiota durch Probiotika sowie Heilkräuter und Gewürze mit antimikrobieller Wirkung sind Effekte erzielbar, die nur über eine tägliche Protokollierung und Auswertung gezielt therapeutisch verwendet werden können.

Diskussion: Mit dem Einsatz digitaler Hilfsmittel für die tägliche Erhebung von Verhaltensweisen und Krankheitsausprägungen ergeben sich grundsätzlich neue Möglichkeiten zur Krankheitseinschätzung und zur Therapiesteuerung, die insbesondere vom Patienten genutzt werden können, aber auch eine präzisere Entscheidungsgrundlage für die Behandlung durch den Arzt liefern. Durch das Erkennen von täglichen Einflussfaktoren entstehen Möglichkeiten, kostengünstige Änderungen der Lebensgewohnheiten vorzunehmen und Therapiekosten zu senken.

Praktische Implikationen: Grundsätzlich sind die am Beispiel der Rheumatoiden Arthritis aufgebauten Methoden auch auf andere Krankheitsbilder und Patientengruppen erweiterbar.