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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitsprozesse und -qualifikationen in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen

Meeting Abstract

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  • Wolfgang Becker - Hamburger Fern-Hochschule (HFH), Fachbereich Gesundheit und Pflege, Hamburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf202

doi: 10.3205/18dkvf202, urn:nbn:de:0183-18dkvf2024

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Becker.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Digitalisierung stellt die Akteure im Pflegebereich vor besondere Herausforderungen. Dies bezieht sich sowohl auf die Leistungserbringer und Kostenträger als auch auf die Pflegebedürftigen.

Fragestellung: Das Spektrum der Auswirkungen der Digitalisierung im Pflegebereich ist vielschichtig. Von besonderem Interesse sind dabei folgende Fragestellungen:

  • Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Gestaltung von Versorgungsprozessen im Pflegebereich aus?
  • Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Arbeitsbelastung des Pflegepersonals?
  • Welche Folgen hat die Digitalisierung für die Qualifikationsanforderungen im Pflegebereich?

Methode: Die Beantwortung der Fragestellungen erfolgt auf der Basis eines Literaturreviews aktueller empirischer Studien zu den Auswirkungen der Digitalisierung im Pflegbereich in Deutschland. Im Mittelpunkt steht die Herausarbeitung und Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und die Diskussion der Studienergebnisse.

Ergebnisse: Die empirischen Studien liefern vielfältiger Belege und praktische Beispiele dafür, dass die Digitalisierung zu einer Veränderung der Versorgungsprozesse im Pflegebereich führt. Zu beobachten sind Substitutionen einzelner Arbeitsprozesse durch technische Assistenzsysteme (z.B. Pflegeroboter). Gleichzeitig nehmen die Möglichkeiten der Überwachung von Vitalparametern mithilfe von Sensortechnologien und entsprechenden Monitoringsysteme (z.B. Pflege Apps) zu. Einher geht dies mit einer verstärkten Leistungs- und Tätigkeitsüberwachung und der Gefahr der Arbeitsverdichtung.

Bezogen auf die Arbeitsbelastung des Pflegepersonals weisen die empirischen Studien Zeitersparnisse durch den Einsatz der elektronischen Patientenakte in Verbindung mit mobilen Endgeräten nach. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Pflegedokumentation an. Standardisierung und Kontrollmöglichkeiten pflegerischen Handelns nehmen zu. Inwiefern Freiräume für die soziale Interaktionsarbeit steigen, ist nicht eindeutig zu klären.

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Qualifikationsanforderungen des Pflegepersonals zeigen sich daran, dass der Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Pflegeberufen immer wichtiger wird. Pflegekräfte müssen verstärkt die Rolle des Technikvermittlers für pflegebedürftige Menschen wahrnehmen. Die Anforderungen an einen kompetenten Umgang mit den eingesetzten Technologien und vernetzten Hilfs- und Monitoringsystemen nehmen zu.

Diskussion: Die Digitalisierung ist im Pflegebereich in größerem Umfang zu beobachten und wird in der Zukunft noch zunehmen. Die untersuchten empirischen Studien lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass die Folgewirkungen der Digitalisierung auf pflegerische Versorgungsprozesse ambivalent einzuschätzen sind. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den gesellschaftlich-politischer Diskurs über die Art und Weise sowie den Umfang der Unterstützung der Pflege durch digitale Technologien zu intensivieren. Auf zwei Fragestellungen sollte der Fokus gelegt werden:

  • Welche Art der Pflege soll es in Zukunft geben bzw. wie viel Technik braucht die Pflege?
  • Welchen Beitrag können digitale Technologien leisten, um Versorgungsprozesse patientenorientierter, aus der Sicht der Pflegenden entlastender und aus der Perspektive der Kostenträger wirtschaftlicher gestalten zu können?

Praktische Implikationen: Unter praktischen Gesichtspunkten sollten Konzepte entwickelt, erprobt und evaluiert werden, wie der Heterogenität der älteren Generationen bei der Akzeptanz und Nutzung digitaler Gesundheitstechnologien gezielt Rechnung getragen werden kann ('Best Practice-Konzepte'). Die Prinzipien Teilhabe, Empowerment und Selbstbestimmung sind dabei von grundlegender Bedeutung.

Flankiert vom gesellschaftlich-politischen Diskurs sollten in Modellprojekten die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Beschäftigten im Pflegebereich beim Einsatz von digitalen Technologien untersucht und auf ihre Umsetzbarkeit und Praktikabilität hin überprüft werden.