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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Gründe für die Inanspruchnahme einer ärztlichen zweiten Meinung bei Brustkrebspatientinnen mit einer Ersterkrankung

Meeting Abstract

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  • Natalia Cecon - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Universität zu Köln, Medizinsoziologie, Köln
  • Sophie Groß - LVR-Institut für Versorgungsforschung, LVR-Klinik Köln, LVR-Institut für Versorgungsforschung, Köln
  • Holger Pfaff - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Universität zu Köln, Rehabilitationswissenschaft, Köln
  • Antje Dresen - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Universität zu Köln, Medizinsoziologie, Köln

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf187

doi: 10.3205/18dkvf187, urn:nbn:de:0183-18dkvf1872

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Cecon et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Inanspruchnahme einer ärztlichen Zweitmeinung kann zu neuen gesundheitsbezogenen Informationen führen und fördert folglich im Rahmen der Gesundheitskompetenz den Prozess, angemessene behandlungsbedingte Entscheidungen treffen zu können (Selden et al., 2000). So ist es in der Arzt-Patient-Beziehung wichtig, die Patienten aktiv in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, verständnisorientiert zu kommunizieren und eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Trotz Zertifizierungsrichtlinien werden jedoch nicht alle Brustkrebspatientinnen, die in einem Brustzentrum operiert worden sind, über die Möglichkeit informiert, eine zweite Meinung einholen zu können. Je jünger und gebildeter die Patientinnen sind, desto eher werden sie vom behandelnden Onkologen dazu aufgeklärt. Diese Patientinnen nehmen allerdings auch eher eine Zweitmeinung in Anspruch. Das Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung scheint einen negativen Einfluss auf die Arzt-Patient-Beziehung zu haben, wobei unklar ist, ob eine gestörte Arzt-Patient-Beziehung Ursache oder Ergebnis der Inanspruchnahme einer Zweitmeinung ist.

Fragestellung: Welche Gründe hat die Inanspruchnahme einer ärztlichen Zweitmeinung? Wie hängt die Zweitmeinung mit der Arzt-Patient-Beziehung sowie mit soziodemografischen und krankheitsbezogenen Faktoren zusammen?

Methode: Von 4.626 Patientinnen aus 86 zertifizierten Brustkrebszentren liegen Befragungsdaten vor. Die Patientinnen sind im Jahr 2017 operiert worden. Die Patientinnen wurden schriftlich zur wahrgenommen Arzt-Patienten-Beziehung, der Inanspruchnahme einer ärztlichen Zweitmeinung und personenbezogenen Variablen wie Persönlichkeit und Soziodemographie befragt. Davon gaben 419 Patientinnen an, eine Zweitmeinung in Anspruch genommen zu haben. Mit Hilfe deskriptiver Auswertungen, nicht-parametrischer Gruppenvergleiche sowie der Berechnung logistischer Regressionen wurde die Fragestellung bearbeitet.

Ergebnisse: Die am häufigsten genannten Gründe hängen nicht mit der Arzt-Patient-Beziehung zusammen. Patientinnen mit einem hohen Bildungsabschluss begründen Ihre Entscheidung eine ärztliche Zweitmeinung aufzusuchen anders als Patientinnen mit einem niedrigen Bildungsabschluss. Gründe, die mit der Arzt-Patienten-Beziehung zusammenhängen, werden eher von Patientinnen mit einem niedrigen Bildungsabschluss genannt. Das Ergebnis der Zweitmeinung gleicht bei 72.2% der Patientinnen der ersten ärztlichen Meinung. 25% der Patientinnen wurde ein alternativer Behandlungsplan empfohlen. Hierbei zeigt sich eine Verschlechterung des Verhältnisses zum Erstbehandler. Wird eine abweichende Diagnose festgestellt, steigt die Progredienzangst. Die Zweitmeinung wird mehrheitlich als hilfreich empfunden

Diskussion: Die vorrangig angegebenen Gründe eine ärztliche Zweitmeinung aufzusuchen hängen primär nicht mit der Arzt-Patienten-Beziehung und -Kommunikation zusammen, sondern im Schwerpunkt mit soziodemographischen und behandlungsbezogenen Faktoren. Allerdings unterscheiden sich Patientinnen mit einem niedrigen Bildungsabschluss von Patientinnen mit einem höheren Bildungsabschluss. Sie geben eher Gründe für die Inanspruchnahme einer ärztlichen Zweitmeinung an, die mit der Arzt-Patienten-Beziehung zusammenhängen.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse verweisen auf die Gründe von Brustkrebspatientinnen eine Zweitmeinung aufzusuchen und zeigen, dass diese, abhängig vom Bildungsgrad, nicht nur durch soziodemographische Variablen, sondern auch durch ärztlichen Kommunikation beeinflussbar sind. Somit zeigt sich die Wichtigkeit eines bedürfnisorientierten patientenzentrierten Kommunikationsstils.