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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Verlusterfahrungen im Alter – Auswirkungen auf das soziale Netzwerk und die psychische Gesundheit

Meeting Abstract

  • Franziska Förster - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig
  • Janine Stein - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig
  • Margrit Löbner - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig
  • Alexander Pabst - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig
  • Matthias. C. Angermeyer - Center for Public Mental Health, Center for Public Mental Health, Gösing a.W., Austria
  • Hans-Helmut König - Universität Hamburg, Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Hamburg
  • Steffi G. Riedel-Heller - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf132

doi: 10.3205/18dkvf132, urn:nbn:de:0183-18dkvf1321

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Förster et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit von Verlusterlebnissen und Trauer. Im Fokus der Forschung steht dabei immer wieder die Verwitwung, dennoch kann auch der Tod von anderen Nahestehenden oder der Umzug von signifikanten Anderen als Verlusterlebnis angesehen werden. Ein sicheres soziales Netzwerk gilt nach Verlusterlebnissen als wesentlicher protektiver Faktor zur Erhaltung der psychischen Gesundheit, jedoch kann sich das soziale Netzwerk der Betroffenen gerade durch die Verlusterlebnisse verändern.

Fragestellung: Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, die Auswirkungen von Verlusterfahrungen im Alter auf das soziale Netzwerk und die psychische Gesundheit (Depressionen) zu untersuchen.

Methoden: Datengrundlage bildet die Leipziger Langzeitstudie in der Altenbevölkerung (LEILA 75+), eine bevölkerungsrepräsentative Längsschnittstudie, bei der strukturierte Interviews im häuslichen Setting durchgeführt wurden. In einer Stichprobe von 783 Personen (75+ Jahre) wurde zunächst mittels einer deskriptiven Analyse die Veränderung des sozialen Netzwerks (PANT) im Alter unter Berücksichtigung von Verlusterfahrungen analysiert. Die Auswirkung von Verlusterfahrungen und des Netzwerktyps auf Depressionen (ADS-L) wurden im Querschnitt (Baseline-Erhebung) mithilfe von logistischen Regressionen untersucht. Durch Berücksichtigung des Follow-Up1 und Follow-Up2 der LEILA75+ Studie konnten zudem Längsschnittanalysen durchgeführt. Unter Verwendung von Hybrid Verfahren, in denen zeitgleich within- und between-Schätzer analysiert werden können, wurde der Einfluss von Verlusterfahrungen und des Netzwerktyps sowie die Stabilität des sozialen Netzwerks im Zeitverlauf analysiert.

Ergebnisse: 56,96 % der Hochaltrigen lebten kontinuierlich in einem restriktiven Netzwerk. Bei knapp einem Drittel der Befragten änderte sich das soziale Netzwerk im Laufe der Zeit, jedoch konnte hierbei kein Zusammenhang mit Verlusterfahrungen festgestellt werden.

In den Querschnittsanalysen stellten sich Verlusterfahrungen und ein restriktives soziales Netzwerk als einflussreichste Prädiktoren zur Entwicklung einer Depression heraus. Ein integriertes soziales Netzwerk erwies sich als protektiver Faktor, so dass der Einfluss von Verlusterlebnissen für diese Personengruppe in deutlich geringerem Maße negative Folgen für die psychische Gesundheit hatte. Das Risiko zur Entwicklung einer depressiven Symptomatik war für Frauen signifikant höher als für Männer.

In der Längsschnittanalyse bestätigten sich diese Ergebnisse. Ein stabiles soziales Netzwerk, über den Beobachtungszeitraum hinweg konnte entgegen den Erwartungen nicht als protektiver Faktor für die psychische Gesundheit bzw. das Vorliegen einer depressiven Symptomatik identifiziert werden.

Diskussion: Unsere Ergebnisse zeigten, dass ein Großteil der Hochaltrigen kontinuierlich in einem restriktiven sozialen Netzwerk lebte. Ausgehend von dem Befund, dass diese Personengruppe mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit eine Depression entwickelt als Personen in einem integrierten sozialen Netzwerk, stellt die soziale Integration älterer Menschen ein dringendes Problem dar um Depressionen im Alter entgegenzuwirken.

Praktische Implikation: Neben der sozialen Integration als protektiven Faktor für die psychische Gesundheit sollten zukünftige Untersuchungen Hilfsangebote für Hochaltrige mit Verlusterlebnissen in den Fokus stellen, da sich dies als ein weiterer wesentlicher Faktor zur Entwicklung einer Depression im Alter in dieser Untersuchung herausstellte.