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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Verbessert ein leicht verständlicher Patientenbrief nach Krankenhausaufenthalt die Gesundheitskompetenz beim Patienten?

Meeting Abstract

  • Karen Voigt - Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Bereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Dresden
  • Henriette Hoffmann - Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Bereich Allgemeinmedizin/MK3, Dresden
  • Henna Riemenschneider - Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Bereich Allgemeinmedizin/MK3, Dresden
  • Antje Bergmann - Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Bereich Allgemeinmedizin/MK3, Dresden
  • Ansgar Jonietz - „Was hab‘ ich?“ gemeinnützige GmbH, Pilotprojekt Patientenbriefe, Dresden

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf115

doi: 10.3205/18dkvf115, urn:nbn:de:0183-18dkvf1153

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Voigt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Eine umfassende ärztliche Information des Patienten erhöht deren Gesundheitskompetenz und die Absicht sich gesundheitsförderlicher zu verhalten [1]. Zahlreiche Studien verweisen auf unzureichende Patienteninformation nach stationärem Aufenthalt, was sich nachteilig auf Gesundheitskompetenz auswirken kann. Es liegt Evidenz vor, dass sich eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz negativ auf Gesundheitszustand, -verhalten, aber auch Inanspruchnahme und damit verbundene Folgekosten medizinischer Leistungen auswirken kann [2].

Fragestellung: Verbessert ein leicht verständlicher Patientenbrief nach Krankenhausaufenthalt die Gesundheitskompetenz beim Patienten?

Methode: In einem pragmatischen RCT in der internistischen Abteilung der Paracelsus-Klinik Bad Ems (2016-2017) erhielten Patienten der Interventionsgruppe rund 3 Tage nach Entlassung zusätzlich einen laienverständlichen Patientenbrief, während die Patienten der Kontrollgruppe bei Entlassung nur den üblichen ärztlichen Entlassbrief erhielten. Die Wirksamkeit des Patientenbriefes wurde mit einem Fragebogen erhoben, der Items zur Gesundheitskompetenz (HLS-EU-Q47), Fragen zur Medikamenteneinnahme und zur Zufriedenheit mit der Klinik und den erhaltenen Informationen enthielt und den Teilnehmern beider Studienarme zugesandt wurde. Ergänzende Fragen zu Zufriedenheit, Verständlichkeit, Nutzen des laienverständlichen Patientenbriefs wurden an die Interventionsgruppe gestellt. Die vergleichenden statistischen Analysen (T-Test, Chi²-Test, Mann-Whitney-U-Test) erfolgten mittels SPSS 25.0.

Ergebnisse: Insgesamt 462 (von 1772 kontaktierten) Patienten nahmen teil, es konnten 418 Fragebögen verwertet werden. Ersten Analysen zufolge waren Patienten der Interventionsgruppe (n=242) und Kontrollgruppe (n=176) bzgl. Anzahl bisheriger Krankenhausaufenthalte, Einschätzung des allgemeinen Gesundheitszustandes, Vorhandensein eines Entlassgespräches und Informationszufriedenheit nach Entlassgespräch vergleichbar: 22% berichteten, kein Entlassungsgespräch gehabt zu haben und 15%, dass sie nach Gespräch noch unbeantwortete Fragen hatten. 46% aller Patienten bestätigten, dass ihnen die poststationäre Medikamenteneinnahme ausreichend verständlich erklärt wurde. Zwischen beiden Gruppen ergaben sich keine sign. Unterschiede hinsichtlich selbstberichteter Medikamenteneinnahme, jedoch hinsichtlich des Verständnisses, warum welches Medikament mit welcher Wirkung einzunehmen ist. Signifikante positive Effekte zeigen sich in der Interventionsgruppe bei einigen Health Literacy-Items (z.B. Verstehen und Befolgen der Therapie, besseres Verständnis für Gesundheitsinformation durch den Arzt sowie die Medien) und –Indices (Informationen zur Krankheitsbewältigung finden, verstehen und anzuwenden). Der Patientenbrief wurde von fast allen Interventionspatienten als hilfreich, verständlich und informativ bewertet: 86% bestätigten ihn ausführlich gelesen zu haben und 94% bewerteten ihn als hilfreich. Bei 77% hat mind. eine weitere Person den Brief gelesen. Unabhängig von der Gruppenzuordnung bestätigten > 91%, dass es ihnen wichtig ist, einen verständlichen Patientenbrief nach jedem Krankenhausaufenthalt mit nach Hause nehmen zu dürfen.

Diskussion: Die Daten verweisen auf den Bedarf der Verbesserung der Patienteninformation im stationären Setting. Der laienverständliche Patientenbrief zeigte in dieser Studie Effekte für die Gesundheitskompetenz insbesondere hinsichtlich Krankheitsbewältigung. Langfristige Effekte (nach „Verblassen des Krankenhauseffektes“ beim Patienten) auf Gesundheitskompetenz wären in Folgeprojekten zu prüfen.

Praktische Implikationen: Ein leicht verständlicher Patientenbrief kann Patienten und seinen Angehörigen relevante Informationen über Erkrankung und weiterführende Therapien/Gesundheitsverhalten ermöglichen.


Literatur

1.
Frileux S, Muñoz Sastre MT, Mullet E, Sorum PC. The impact of the preventive medical message on intention to change behavior. Patient Educ Couns. 2004 Jan;52(1):79-88.
2.
Jordan S, Hoebel J. Health literacy of adults in Germany: Findings from the German Health Update (GEDA) study. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz. 2015; 58(9): 942-50.