gms | German Medical Science

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Nutzerorientierte, gendergerechte und altersdifferenzierte Angebotsentwicklung der Gesundheitsförderung und Prävention für ein multifunktional nutzbares Gesundheitszentrum im ländlichen Raum

Meeting Abstract

  • Stephanie Lechtenfeld - Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V., Institut für Gerontologie an der TU Dortmund, Dortmund
  • Andrea Kuhlmann - Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V., Institut für Gerontologie an der TU Dortmund, Dortmund
  • Britta Bertermann - Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V., Institut für Gerontologie an der TU Dortmund, Dortmund
  • Anja Ehlers - Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V., Institut für Gerontologie an der TU Dortmund, Dortmund

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf040

doi: 10.3205/18dkvf040, urn:nbn:de:0183-18dkvf0404

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Lechtenfeld et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Vielfältigkeit und Individualität des Alter(n)s ist auch in der gesundheitsbezogenen Versorgung zu erkennen. Vor diesem Hintergrund werden zielgruppenspezifische, gendergerechte und altersdifferenzierte Angebote der Gesundheitsförderung und Prävention immer wichtiger. Mit Blick auf die Altersstruktur zeigt sich besonders in ländlichen Räumen bei rückläufigen oder fehlenden Angeboten die Bedeutung des (Wieder-)Aufbaus einer wohnortnahen Gesundheitsversorgung. Zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung im ländlichen Raum sollen im Rahmen einer partizipativen Projektentwicklung bedarfs- und gendergerechte Angebote für ein multifunktional und interdisziplinär angelegtes Gesundheitszentrum verfügbar gemacht werden. Angesprochen werden alle Bürger*innen, jedoch insbesondere Menschen mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko. Zu denen zählen chronisch erkrankte und ältere Menschen, die besonders von einer vernetzen wohnortnahen Versorgung profitieren.

Fragestellung: Übergeordnete Fragestellung der Bedarfsanalyse: Wie zeichnet sich die Ausgangssituation an medizinischen und gesundheitsfördernden / präventiven Angeboten im ländlichen Raum aus und welche Angebote werden von den Bürger*innen vor Ort gebraucht?

  • Wie gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung vor Ort und welcher Bedarf besteht?
  • Welche Unterschiede ergeben sich in Bezug auf bestimmte Zielgruppen, z.B. Personen mit langandauernder Krankheit bzw. einem langandauerndem gesundheitlichen Problem, pflegende Angehörige?
  • Welches Gesundheitsverhalten und welche Gesundheitskompetenz weisen die Bürger*innen in den beteiligten Quartieren auf?

Methode: Zur Analyse der Ausgangssituation wurde eine Bedarfsanalyse aus Sicht potenzieller (älterer) Nutzer*innen des Gesundheitszentrums durchgeführt. Hierfür wurden qualitative und quantitative Verfahren eingesetzt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Quartiersbegehungen und leitfadengestützter Interviews mit Vertreter*innen der Pilotquartiere wurde ein standardisiertes schriftliches Erhebungsinstrument entwickelt. Für die schriftliche Erhebung wurde eine Zufallsstichprobe (n = 3000; Bürger*innen ab 45 Jahren) aus den beteiligten Quartieren gezogen. Ziel der Befragung ist, die Bedarfe an medizinischen und gesundheitsfördernden / präventiven Angeboten sowie die Bereitschaft zur Inanspruchnahme geplanter Angebote zu untersuchen.

Ergebnisse: Die Stichprobe ist durch einen hohen Anteil an Menschen mit einer lang andauernden Krankheit bzw. einem langandauerndem gesundheitlichen Problem charakterisiert, die sich dadurch in ihrem Alltag eingeschränkt fühlen. Ein Drittel der Befragungsteilnehmer*innen unterstützt innerhalb oder außerhalb des eigenen Haushalts eine hilfs- oder pflegebedürftige Person. Aus den Erhebungsdaten gehen die Bedeutung der hausärztlichen Versorgung für die Bürger*innen sowie der Bedarf an Beratungsangeboten für unterschiedliche Zielgruppen (z.B. Pflege, Demenz, pflegende Angehörige) hervor. Weiter geben die Ergebnisse Hinweise darauf, dass einzelne Bereiche der Gesundheitskompetenz unzureichend ausgeprägt sind.

Aus der Bedarfsanalyse lassen sich Erwartungen und Bedarfe der Bürger*innen ableiten, die zugleich eine wichtige Grundlage für eine nutzerorientierte, gender- und bedarfsgerechte Angebotsentwicklung im Gesundheitszentrum darstellen. Im Rahmen des Beitrages werden die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.

Diskussion: Das Verständnis von Gesundheitskompetenz basiert im Projekt auf dem Ansatz des HLS-EU. Für die Bedarfsanalyse wurde zur Erfassung der Gesundheitskompetenz das Erhebungsinstrument HLS-EU Q47 verwendet. Bislang gibt es in Deutschland keinen einheitlichen Konsens darüber, was unter Gesundheitskompetenz zu verstehen ist. Erhebungsinstrumente sind vorwiegend auf die Erfassung von Lesefähigkeit im medizinischen Kontext oder auf spezifische Wissenskomponenten ausgerichtet. Fähigkeiten, die sich z.B. auf gesundheitsrelevante Entscheidungen oder auf das Zurechtfinden im Gesundheitssystem beziehen, sind bisher nicht Bestandteil. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie mit dem Ergebnis einer unzureichenden Gesundheitskompetenz mit Blick auf die Entwicklung eines nutzerorientierten Angebots der Gesundheitsförderung und Prävention umgegangen wird.

Praktische Implikationen: Zielgruppenspezifische Gesundheitsangebote werden vor dem Hintergrund eines vielfältigen und individuellen Alter(n)sprozesses wichtiger. Die Ansprache von vulnerablen (älteren) Nutzer*innengruppen erweist sich als Herausforderung. Zur besseren Erreichbarkeit wird ein peer-to-peer Ansatz entwickelt und erprobt. Freiwillige engagierte Gesundheitsbegleiter*innen sollen interessierte (ältere) Menschen unterstützen, einen gesundheitsförderlichen Lebensstil aufrecht zu erhalten oder zu entwickeln.