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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Verzahnung von Qualitätsforschung und Qualitätsmanagement bei unerwünschten Arzneimittelereignissen

Meeting Abstract

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  • Jürgen Stausberg - Essen
  • Thomas Jungen - Arbeitsgemeinschaft katholischer Krankenhäuser Saarland, Caritasverband für die Diözese Trier e.V., Trier
  • Christoph Scheu - Klinikum St. Elisabeth Straubing, Straubing
  • Michael Karaus - Evangelisches Krankenhaus Göttingen-Weende gGmbH, Göttingen

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf025

doi: 10.3205/18dkvf025, urn:nbn:de:0183-18dkvf0253

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Stausberg et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der Verein Qualitätsindikatoren für Kirchliche Krankenhäuser - QKK unterstützt das Qualitätsmanagement katholischer und evangelischer Krankenhäuser durch ein einrichtungs- und trägerübergreifendes Benchmarking. Hierzu wurden anderenorts vorgeschlagene sowie neu entwickelte Kennzahlen in einem vereinsspezifischen Indikatorenset zusammengefasst. Mit besonderer Berücksichtigung der Versorgung vulnerabler Patientengruppen betrachtet das Indikatorenset gemäß DIN EN 15224:2012 nicht nur Wirksamkeit und Patientensicherheit sondern auch Angemessenheit, Evidenzbasierung, Kontinuität, Patienteneinbeziehung, Patientenorientierung und Verfügbarkeit der Versorgung.

Fragestellung: Wie lassen sich Qualitätsforschung und Qualitätsmanagement in einer Initiative zur Verbesserung der stationären Versorgung verzahnen?

Methode: QKK nutzt die Möglichkeit von Routinedaten, um die Versorgung nicht durch eine zusätzliche Datenerhebung zu belasten. Entsprechendes Potential wurde von Hasford und Stausberg für die Abschätzung der Häufigkeit unerwünschter Arzneimittelereignisse (UAE) belegt [1]. Mit dem Datenjahr 2012 wurde daher ein Indikator zu UAE in das QKK-Indikatorenset aufgenommen. Die Häufigkeit von UAE lag bei QKK in den Jahren von 2012 bis 2016 zwischen 4,0 % und 4,9 %. Vier Krankenhäuser aus QKK beteiligten sich 2015 als Studienzentren am Projekt „Unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Medikationsfehler: Identifikation unbekannter Zusammenhänge über Routinedaten (UAE-DETECT)“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme „Studien in der Versorgungsforschung II“. Die dort gewonnen Erkenntnisse zur Vollständigkeit und Präzision von Routinedaten wurden inzwischen veröffentlich [2]. Die Erkenntnisse bildeten die Grundlage für den Schluss des Qualitätskreises nach Deming mit einem Peer Review zu UAEs.

Ergebnisse: Im Rahmen der Jahresplanung 2017 zur Durchführung von Peer Reviews in QKK wurden für den UAE-Indikator auffällige Krankenhäuser. Aus UAE-DETECT lagen Angaben zur Vollständigkeit, zur Präzision sowie zum Anteil im Krankenhaus entstandener Ereignisse für einzelne über Kodes der ICD-10-GM definierte UAEs vor. Geeignet erschienen die Enterokolitis durch Clostridium difficile (Präzision: 97 %, im Krankenhaus entstanden: 58 %), die Hypotonie durch Arzneimittel (93 %, 56 %), die toxische Gastroenteritis und Kolitis (96 %, 54 %) sowie das Nierenversgen nach medizinischen Maßnahmen (100 %, 76 %). Für ein modellhaftes Peer Review wurde ein Krankenhaus mit 15 Fällen einer Hypotonie durch Arzneimittel oder einem Nierenversagen nach medizinischen Maßnahmen ausgewählt. Beim Peer Review konnten 13 der 15 Ereignisse bestätigt werden. Alle 13 Ereignisse waren im Krankenhaus entstanden. Der Aufwand wurde von den Peers als höher im Vergleich mit Peer Reviews zu Sterbefällen empfunden. Verbesserungspotential wurde identifiziert, ohne dies allerdings zwingend als Ursache den Ereignissen zuordnen zu können. Nicht alle Ereignisse wurden als Qualitäts-relevant bewertet.

Diskussion: Soweit den Autoren bekannt ist, wurde mit dem dargestellten Verfahren erstmalig ein Peer Review zum Thema UAEs in Deutschland durchgeführt. Im Unterschied zu den üblicherweise betrachteten Sterbefällen ist bei nicht letalen Ereignissen mit Dokumentationsfehlern zu rechnen. So erwies sich die Bestätigung der UAEs aus den Krankenakten als zusätzlicher Aufwand, der auf Grund der zielgerichteten Auswahl jedoch in 13 von 15 Fällen gelang. Die Präzision war damit gegenüber den Ergebnissen der Studie von Kuklik et al. leicht erniedrigt; der Anteil im Krankenhaus entstandener Ereignisse war mit 100 % hingegen höher als erwartet. Der Erkenntnisgewinn für das Krankenhaus lag vielfach jenseits der betrachteten Ereignisse, wie es in der Literatur auch für andere Trigger eines Peer Review beschrieben ist. Auch 2018 wird der QKK e. V. UAEs im Rahmen der Peer Reviews berücksichtigen.

Praktische Implikationen: Die Patientensicherheit profitiert von einer Verzahnung von Qualitätsforschung und Qualitätsmanagement. Qualitätsinitiativen können für diese Verzahnung eine Plattform bilden, in dem sich Einrichtungen einerseits an Studien der Qualitätsforschung beteiligen und andererseits deren Ergebnisse in Verfahren des Qualitätsmanagements einbinden.


Literatur

1.
Stausberg J, Hasford J. Identification of Adverse Drug Events: The Use of ICD-10 Coded Diagnoses in Routine Hospital Data. Dtsch Arztebl. Int 2010; 107: 23-9.
2.
Kuklik N, Stausberg J, Jöckel KH. Adverse drug events in German hospital routine data: A validation of International Classification of Diseases, 10th revision (ICD-10) diagnostic codes. PLoS One. 2017; 12: e0187510.