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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Methoden zur Messung der augenärztlichen Versorgungssituation in der Metropolregion Hamburg

Meeting Abstract

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  • Anne Kis - Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg
  • Thomas Lischka - Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), Ple- und Orthoptik, Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Hamburg
  • Jobst Augustin - Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf008

doi: 10.3205/18dkvf008, urn:nbn:de:0183-18dkvf0080

Veröffentlicht: 12. Oktober 2018

© 2018 Kis et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die augenärztliche Versorgung wird in Deutschland über den korrigierten Versorgungsgrad der Bedarfsplanungs-Richtlinie gesteuert. Der korrigierte Versorgungsgrad ist ein mögliches Instrument, um die regionale medizinische Versorgungssituation abzubilden. Das Verfahren unterliegt allerdings Limitationen. So werden z.B. Erreichbarkeitsverhältnisse nicht mit berücksichtigt, ebenso wenig wie Gesundheitsfachberufe, die bei steigendem medizinischen Komplexitätsgrad die Grundversorgung wesentlich unterstützen; wie im augenärztlichen Bereich die OrthoptistInnen.

Fragestellung: Ziel dieser Studie ist es, drei noch nicht in der Bedarfsplanung berücksichtigte Parameter mit dem korrigierten Versorgungsgrad zu vergleichen und mögliche Unterschiede in der Bewertung der regionalen Versorgungssituation aufzuzeigen. Die Studie geht also der Fragestellung nach, welche regionalen Versorgungsunterschiede sich mit Betrachtung der verschiedenen Parameter ergeben und welche Schlussfolgerung sich daraus für die Beurteilung der Versorgungssituation ableiten lassen.

Methoden: Datengrundlage aller Parameter sind aktuelle Standortdaten (Datenstand 2016) der Landesärztekammern Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Ergänzt wurden die Standorte um Angaben zu orthoptischen Zusatzangeboten (Sehschule etc.) mittels umfangreicher Internetrecherche.

Neben dem korrigierten Versorgungsgrad wurde die Anzahl der OrthoptistInnen je 100.000 EW auf Kreisebene ermittelt sowie Erreichbarkeitskennwerte der augenärztlichen und orthoptischen Versorgung berechnet.

Zum Vergleich mit dem korrigierten Versorgungsgrad wurde ein Score mit den drei Dimensionen: OrthoptistInnen je 100.000 EW, Bevölkerungsanteil mit ÖPNV-Erreichbarkeit zur/zum nächstgelegenen OrthoptistIn sowie zum nächstgelegenen Augenarzt < 30min ermittelt und auf 100 % standardisiert (Anteil am jeweiligen Mittelwert). Anschließend wurden in Anlehnung an den korrigierten Versorgungsgrad die Klassengrenzen jeweils bei ≤ 90 %, > 90 % bis 110 %, > 110 % gesetzt und darauf basierend 0 - 2 Punkte je Dimension vergeben. Beim anschließenden Aufsummieren der Punkte zum Score „Versorgung“ (ohne korrigierten Versorgungsgrad) können minimal 0 und maximal 6 Punkte erreicht werden.

Ergebnisse: In den urbanen Zentren Hamburg und Lübeck fallen alle Parameter sowohl bei Betrachtung des korrigierten Versorgungsgrades als auch des Scores „Versorgung“ überdurchschnittlich aus. In anderen laut korrigiertem Versorgungsgrad ausreichend versorgten Regionen wie beispielsweise Dithmarschen und Lüchow-Dannenberg lassen sich jedoch nicht gezwungenermaßen eine hohe OrthoptistInnendichte oder hohe Erreichbarkeitskennwerte feststellen.

Diskussion: Bereits für andere Facharztgruppen belegen Studien eine Diskrepanz zwischen Erreichbarkeitsverhältnissen und korrigiertem Versorgungsgrad. Eine nach der Bedarfsplanung offiziell bedarfsgerechte augenärztliche Versorgung ist demnach nicht gleichbedeutend mit (über-)durchschnittlichen Erreichbarkeitsverhältnissen oder einer (über-)durchschnittlichen – die augenärztliche Grundversorgung ergänzenden – orthoptischen Versorgungssituation. Es muss jedoch angemerkt werden, dass eine Beurteilung des Wertebereiches der betrachteten Parameter, ab wann von einer bedarfsgerechten Versorgung gesprochen werden kann, noch weiter zu diskutieren ist.

Praktische Implikationen: Die Studie liefert einen Beitrag, welche weiteren Parameter neben dem derzeitigen korrigierten Versorgungsgrad zur Beurteilung der Versorgungssituation herangezogen werden könnten. Es ist angesichts aktueller Tendenzen (Ärztemangel, älter werdende Gesellschaft, steigender medizinischer Komplexitätsgrad) davon auszugehen, dass sowohl Erreichbarkeitsverhältnisse insbesondere in ländlichen Regionen als auch die Rolle der Gesundheitsfachberufe in der medizinischen Versorgung in naher Zukunft an Bedeutung weiter zunehmen werden. Bei einer Anpassung der Bedarfsplanung sollten diese entsprechend Berücksichtigung finden.