gms | German Medical Science

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Darstellung und Prognose der Entwicklung zahnmedizinischer Morbidität

Meeting Abstract

  • presenting/speaker David Matusiewicz - Lehrstuhl Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Lennart Weegen - Lehrstuhl Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Helmut Dahl - ForBiG GmbH, Essen, Germany
  • Anke Walendzik - Lehrstuhl Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Jürgen Wasem - Lehrstuhl Medizinmanagement, Essen, Germany
  • Gerald Lux - ForBiG GmbH, Essen, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO5-2-02-22

doi: 10.3205/13dkvf303, urn:nbn:de:0183-13dkvf3036

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Matusiewicz et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Hintergrund: Durch das Versorgungsstrukturgesetz (VStG) wurden die Kriterien, die bei der Vereinbarung der Veränderung der zahnärztlichen Gesamtvergütung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anzuwenden sind, erweitert. Neben dem Grundsatz der Beitragsstabilität (§ 71 SGB V) ist nun unter anderem auch die Morbiditätsentwicklung zu berücksichtigen (§ 85 Abs. 3 SGB V). Anders als im vertragsärztlichen Bereich, wo der Gesetzgeber bereits mit der Vergütungsreform 2009 eine morbiditätsbasierte Gesamtvergütung vorsah, schreibt der Gesetzgeber jedoch für den zahnärztlichen Bereich nicht die Entwicklung eines Klassifikationssystems vor, mit dem die Veränderung der Morbidität zu messen ist. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse oralepidemiologischer Studien, die eine Verbesserung der Mundgesundheit belegen [1], scheint eine Berücksichtigung oraler Morbiditätsentwicklung jedoch angebracht. Ziel der Studie war es daher, mögliche Modelle oraler Morbiditätsentwicklung zur Prognose des Leistungsbedarfs (in Form von Punktmengen) aufzuzeigen.

Methodik: Es wurde eine systematische Literaturrecherche in medizinischen Datenbanken (Embase, Medline), ergänzt um eine unsystematische Literaturrecherche, durchgeführt, um bereits in der Literatur existierende Konzepte oraler Morbiditätsentwicklung zur Prognose des Leistungsbedarfs zu identifizieren. Darauf aufbauend wurden Modelle oraler Morbiditätsentwicklung zur Prognose des Leistungsbedarfs entwickelt.

Ergebnisse: Durch die Literaturrecherchen konnten keine relevanten Konzepte identifiziert werden. Daher wurden explorativ drei Modelle entwickelt: Das erste Modell (Modell 1) basiert auf dem abgerechneten Behandlungsbedarf und bewertet jede abgerechnete Leistung im zahnärztlichen Bereich als tatsächlichen Bedarf. Des Weiteren wurde ein demographisches Modell (Modell 2) konzipiert, in dem Alters- und Geschlechtsmerkmale der Versicherten als erklärende Variablen für die Punktsummen der Versicherten verwendet wurden. Dieses demographische Modell wurde zusätzlich um Regionalinformationen der Versicherten erweitert, indem diese auf Basis soziodemographischer und sozioökonomischer Merkmale ihres jeweiligen Wohnortes in mehrere unterschiedliche Regionscluster gruppiert werden. Ein weiteres Modell (Modell 3) stellt ein auf den abgerechneten BEMA-Ziffern der Versicherten aufgesetztes Modell des Rückschlusses auf zahnmedizinische Diagnosen dar. Da die Abrechnungen der Zahnärzte keine Diagnosen, sondern nur BEMA-Abrechnungsziffern enthalten, wurde ein Konzept entwickelt, die einzelnen Abrechnungspositionen der Versicherten zu Gruppen bezogen auf Diagnosen bzw. Zahnerkrankungen rückzugruppieren. Dieser Ansatz wurde auf Basis verschiedener Aggregationsebenen der BEMA-Ziffern in unterschiedlichen Modellvarianten umgesetzt.

Diskussion/Schlussfolgerung: Beim ersten vorgestellten Modell würde ein Anstieg der Inanspruchnahme einem Behandlungsbedarf gleichstellt werden, was jedoch deutliche Anreize für angebotsinduzierte Nachfrage bieten würde. Beim demographischen Modell können z. B. die regionale Arbeitslosenquote oder die Höhe der regionalen Durchschnittshaushaltseinkommen denkbare Regionsmerkmale zur Definition der Regionscluster können dabei sein. Die Intention dieses Ansatzes bestand in der Vermutung, dass die Leistungsinanspruchnahme im zahnärztlichen Bereich auf Basis dieser regionalen Merkmale regional unterschiedlich hoch ausfallen könnte. Beim dritten Modell würden die jeweiligen Gruppen für bestimmte Diagnosen dann als erklärende Variablen die Basis eines Prognosemodells für tatsächliche Behandlungsbedarfe der Versicherten darstellen. Eine sich verändernde Prävalenz in diesen Gruppen im Zeitverlauf würde dann als tatsächlich gestiegener Behandlungsbedarf bewertet werden. Der Vorteil dieses Modellansatzes würde gegenüber dem ersten Modell in einem reduzierten Anreiz für angebotsinduzierte Nachfrage seitens der Zahnärzte liegen, da diese keinen Anreiz haben würden, eine medizinische Leistungsausweitung bei einem vorliegendem Zahnbefund des Versicherten innerhalb einer Diagnosegruppe zu betreiben.

Die vorgestellten Modelle prognostizieren mit vermutlich unterschiedlich guter Performance die tatsächlich in Anspruch genommenen zahnmedizinischen Leistungen der Versicherten in Form von Punktsummen. Die Modelle befinden sich noch in einem work-in-progress-Stadium. Im weiteren Forschungsverlauf könnten die Performances der vorgestellten Modelle untersucht werden.


Literatur

1.
Brauckhoff G, Kocher T, Holtfreter B, Bernhardt O, Splieth C, Biffar R, Saß AC. Mundgesundheit. Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 47. Berlin: Robert-Koch-Institut; 2009.