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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Versorgung der atopischen Dermatitis in Deutschland: Therapienutzen und Therapieerfolg aus Patientensicht

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sabine Steinke - Universitätshautklinik Münster, Münster, Germany
  • Anna Langenbruch - CVderm, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Sonja Ständer - Universitätshautklinik Münster, Münster, Germany
  • Matthias Augustin - CVderm, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO2-1-02-20

doi: 10.3205/13dkvf183, urn:nbn:de:0183-13dkvf1836

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Steinke et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die atopische Dermatitis ist mit steigender Prävalenz eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland. Trotz einer Vielzahl an möglichen Therapieoptionen ist die patientenseitige Belastung groß. Umfassend wissenschaftliche Analysen aller verschiedenen Therapien und deren Nutzen aus Patientensicht fehlten jedoch bisher. Ziel der deutschlandweiten Studie „Atopic Health“ war die erstmalige Erfassung von Versorgungsdaten u.a. zur Patientenzufriedenheit, zum Therapieerfolg und Therapienutzen aus der Perspektive erwachsener Neurodermitispatienten in Deutschland.

Methodik: Im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie wurden von Januar bis Dezember 2010 Querschnittsdaten u.a. zur Versorgungszufriedenheit und zum Therapienutzen für n=1.678 Patienten deutschlandweit erhoben. Neben der Zufriedenheit mit der Versorgungssituation (5-Punkt-Skala) und der bisherigen Neurodermitis-Behandlung (4-Punkt-Skala) wurde die Häufigkeit und der Erfolg (4-Punkt-Skala) der in den vergangenen fünf Jahren verwendeten Therapien analysiert. Als zentraler Parameter wurde der patientenseitige Therapienutzen PBI („Patient benefit index“) erhoben. Der PBI ist eine validierte Methode, um den therapiebezogenen Nutzen unter Berücksichtigung individueller Therapieziele zu berechnen [1]. Alle Parameter wurden mit deskriptiven Methoden für die gesamte Stichprobe und mit ANOVA für zehn Untergruppen, die anhand der zum Zeitpunkt der Befragung vorliegenden Monotherapie (n=580) gebildet wurden, analysiert.

Ergebnisse: 49.4% der Patienten beschrieben die allgemeine Versorgungssituation der vergangenen fünf Jahre als „gut“ oder „sehr gut“. Mit der bisherigen Neurodermitis-Behandlung waren 82.1% der Patienten im Allgemeinen „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Tendenziell zeigten sich Patienten mit topischer immunmodulatorischer Therapie zufriedener als andere Patientengruppen, wohingegen diejenigen mit systemischer Kortikosteroidtherapie unzufriedener waren (nicht signifikant, p>0.05).

Die Therapie der vergangenen fünf Jahre wurde von 85.3% der Patienten mit topischen Steroiden, 84.2% der Patienten mit systemischen Steroiden und 72.9%-75.1% der Patienten mit verschiedenen Klimatherapien als „erfolgreich“ oder „sehr erfolgreich“ bewertet. Am wenigsten erfolgreich schienen aus Patientensicht Fastentherapie, lokale Teepräparaten und Homöopathie.

Im Hinblick auf die aktuelle Therapie verzeichneten 88.4% der Patienten mit einem PBI ≥ 1 einen relevanten Therapienutzen. Hierbei zeigte sich, dass topische Immunmodulatoren (PBI=2.6) und Klimatherapien (PBI=2.8) aus Patientensicht einen signifikant höheren Therapienutzen als SIT (PBI=1.9), systemische Steroide (PBI=2.0) oder alternative Therapien (PBI=1.8) erzielten (p<0.05).

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Versorgung von Neurodermitispatienten durch Dermatologen in Deutschland scheint insgesamt zufriedenstellend. Die häufig angewandten Therapien wie topische Immunmodulatoren oder topische Kortikosteroide führten zu erfreulichem Therapieerfolg und gutem Therapienutzen aus Patientensicht. Im Vergleich zu anderen Studien [2], [3] erwiesen sich topische Kortikosteroide als tendenziell noch erfolgreicher. Trotz vergleichsweise niedrigem Therapienutzen (PBI=2.0) wurden systemische Kortikosteroide bei 28% der Patienten in den letzten fünf Jahren angewandt und von 84.2% dieser Patienten als „erfolgreich“ oder „sehr erfolgreich“ bewertet. Validierte Untersuchungen zum Einsatz dieser traditionellen, aber nur kurzfristig empfohlenen Behandlungsoption stehen noch aus [4]. Klimatherapien und auch seltener verwendete systemische Immunsuppressiva wie bspw. Ciclosporin erwiesen sich hingegen nicht nur als vergleichsweise erfolgreich im 5-Jahresrückblick, sondern zeigten auch einen hohen Patientennutzen bei aktueller Monotherapie (PBI=2.8 bzw. 2.4). Ein verstärkter Einsatz beider Therapiegruppen wurde auch in wenigen anderen Studien diskutiert [5], [6]. Weitere Untersuchungen bzgl. möglicher Implikationen für die Praxis sind noch notwendig.


Literatur

1.
Augustin M, et al. Arch Dermatol Res. 2009;301:561-71.
2.
Reitamo S, et al. Br J Dermatol. 2005;152:1282-9.
3.
Garside R, et al. Health Technol Assess. 2005;9:iii, xi-xiii,1-230.
4.
Deleuran MS, Vestergaard C. Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft = Journal of the German Society of Dermatology: JDDG. 2012.
5.
Hijnen DJ, et al. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2007;21:85-9.
6.
Adler-Cohen C, et al. Dermatitis. 2012;23:75-80.