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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Das Pilotprojekt 'Familiengesundheitspaten' in Sachsen – Erste Ergebnisse der begleitenden Evaluation

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Eva Haufe - Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Germany
  • Teresa Kunze - Carus Consilium Sachsen GmbH, Dresden, Germany
  • Sabine Rößing - Carus Consilium Sachsen GmbH, Dresden, Germany
  • Jochen Schmitt - Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocPO1-1-05-139

doi: 10.3205/13dkvf163, urn:nbn:de:0183-13dkvf1636

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Haufe et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im September 2011 startete ein vom Sächsischen Staatministerium für Soziales und Verbraucherschutz gefördertes Pilotprojekt, an dem in Dresden lebende Personen, die ein Kind erwarten oder vor kurzem Eltern geworden sind, teilnehmen können. Aufgabe eines ehrenamtlichen 'Familiengesundheitspaten' ist es, als Berater der Familien die gesundheitliche und soziale Entwicklung der Kinder in den ersten drei Lebensjahren zu unterstützen. In der Pilotphase des Projektes sollen bis 2015 insgesamt 50 Familien durch Paten begleitet werden. Das Projekt ist integriert in ein Netzwerk aus Gesundheits- und Sozialeinrichtungen der Region.

Ziel einer jährlichen externen Projektevaluation ist es, den Projektablauf zu beurteilen und zu bewerten, ob das Projekt den Erwartungen und Anforderungen der einbezogenen Patinnen und Familien wie auch denen der kooperierenden Netzwerkpartner gerecht wird. Der vorliegende Beitrag berichtet über erste Ergebnisse der Evaluation 2013.

Methodik: Bis zum März 2013 wurden 13 Patinnen (nur Frauen) und 16 Familien in das Projekt aufgenommen. Die begleitende Evaluation erfolgte pseudonymisiert unter Verwendung von Fragebögen, die für das Projekt entwickelt wurden. Die Befragung der Patinnen und der Familien fand im April 2013 statt. Die Rücklaufquoten betrugen 61,5% (Patinnen) bzw. 75% (Familien). Netzwerkpartner werden in die Evaluation ebenso einbezogen. Hierfür wurden Leitfäden für halbstandardisierte Interviews entworfen. Die Interviews werden erstmalig im Juni 2013 durchgeführt.

Ergebnisse: 75% der Patinnen sind älter als 50 Jahre, 37,5% älter als 60. Alle Patinnen verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie Realschulabschluss (50%) bzw. Hochschulreife (50%); 25% sind noch in Voll- bzw. Teilzeit berufstätig. Fast alle Patinnen haben Erfahrungen mit eigenen Kindern. Familienpatinnen betreuen derzeit eine (50%) bzw. zwei (50%) Familien; mit 4 bis 8 Stunden pro Monat ist die zeitliche Belastung überschaubar. 62,5% der befragten Patinnen reflektieren ein sehr gutes Verhältnis zu den betreuten Familien, nur eine Patin schätzt die Beziehung zur Familie als noch nicht so gut ein. Zu den Hauptgründen für die Übernahme einer Familienpatenschaft gehören Interesse und Hilfsbereitschaft den jungen Familien gegenüber sowie der Wunsch, etwas zu bewegen und für das Gemeinwohl tätig zu sein. 87,5% der Befragten finden, dass ehrenamtliche Arbeit hinreichend anerkannt wird.

Die betreuten Familien sind überwiegend (66,7%) Ein-Kind-Familien. 75% der Eltern haben einen Realschulabschluss bzw. die Hochschulreife. Der aktuelle Gesundheitszustand des betreuten Kindes wird von allen befragten Eltern als gut (25%) bis sehr gut (75%) eingeschätzt. Dementsprechend wird mit 6,6±0,5 von 7 möglichen Skalenpunkten eine hohe Zufriedenheit mit der Kindergesundheit reflektiert. Mit 75 bzw. 83,3% Antworten gut bis sehr gut fällt auch die Sicht auf die körperliche bzw. seelische Verfassung der Mutter positiv aus. 83,4% der befragten Familien halten die Patin für eine kompetente Ansprechpartnerin in wichtigen Fragen, aber nur 58,3% fühlen sich insgesamt für den Lebensweg mit ihrem Kind in den nächsten Jahren gerüstet. Lediglich 25% bewerten die Entlastung durch die Familienpatin als stark bis sehr stark. Es wird angemerkt, dass die Anzahl der Besuche durch die Patin dafür zu gering sei. Dennoch würden 83% der Familien das Projekt ganz sicher oder sehr wahrscheinlich Freunden weiter empfehlen. Gründe hierfür sind z.B. die Möglichkeit, private oder alltägliche Sachverhalte zu besprechen und zusätzlichen Beistand zu finden (vier Nennungen) oder die kompetente und qualifizierte Hilfe bei Fragen zur Gesundheit des Babys (ebenfalls vier Nennungen). Gründe für das Nicht-Weiterempfehlen des Projekts werden eher indirekt angeführt: zu geringe Entlastung, Orientierung auf so genannte Problemfamilien, andere Vorstellung vom Konzept.

Diskussion/Schlussfolgerung: Der öffentliche Gesundheitsschutz für Mütter und Kinder hat in Deutschland Tradition. Dennoch: gegenwärtige Versorgungsstrukturen, die u.a. auf Empfehlungen (z.B. Impfungen) und Freiwilligkeit (z.B. Vorsorgeuntersuchungen) beruhen, erreichen und fördern eine ausgesuchte Klientel. Dies verdeutlicht den Bedarf an Zuwendung zu jungen Familien. Hieran orientiert sich das Konzept des Pilotprojekts 'Familiengesundheitspaten', das versucht, über unterschiedliche Zugangswege junge Familien für eine Begleitung durch eine Patin zu gewinnen. Die erste Evaluation des Projektes zeigt, dass überwiegend Familien mit höherem Bildungsniveau erreicht werden. Von den Patinnen und Familien wird das Projekt positiv bewertet. Um einen ideellen Gewinn für die Familien und eine Entlastung tatsächlich reflektieren zu können, erscheint die bisherige Laufzeit des Pilotprojekts und der Zeitpunkt der ersten Evaluation sehr früh. So können zunächst wichtige Ansätze für die weitere Projektarbeit abgeleitet werden.